Der Spion in meiner Tasche

Buchbesprechung von Susanne Plaß

„Der Spion in meiner Tasche“ – elementares Wissen für jeden Handynutzer

Auch ein Jahr nach Veröffentlichung ist das Buch von Helmut Spudlich eine wissensintensive Bereicherung, verständlich und humorvoll geschrieben, brillant recherchiert und mit viel Insiderwissen garniert. Kein Wunder, denn der Autor ist gelernter Journalist, Ex-Chef des IT-Ressorts der Zeitung ‚Der Standard‘ und einstiger Unternehmenssprecher von Magenta Telekom. Das Buch öffnet dem Leser die Augen, dass man um Fassung ringt, versöhnt am Ende der Kapitel aber auch mit wertvollen Tipps, wie man sich vor der Schnüffelei der Konzerne schützen kann.


Die deutsche Bundesregierung und Datenschützer machen sich Sorgen, weil die Corona App eventuell zu viele Daten von den Bürgern preisgeben könnte und haben sie so eingeschränkt, dass sie kaum nützt. Doch wissen wir Bürger eigentlich, wie durchsichtig wir durch das Nutzen von Google, Facebook, Alexa, Tik Tok & Co. sind – und zwar flächendecken und bis ins Digitalste unserer persönlichen Daten? Im Buch „Der Spion in meiner Tasche: Was das Handy mit uns macht und wie wir es trotzdem benutzen können“ zeigt Autor Helmut Spudlich, welchen Stalker wir täglich mit uns führen. Der intime Begleiter in unserer Tasche weiß, wofür und für wen wir Geld ausgeben, mit wem und worüber wir chatten oder telefonieren und welche Ärzte und Therapeuten wir regelmäßig besuchen!


Den Anfang machte das Handy mit „Global Positioning System“ (GPS), dem in den 1960er Jahre entstandenen Ortungsdienst des amerikanischen Militärs. Durch das neue Navigationssystem GALILEO, das bis 2021 alle seine 34 Satelliten im Orbit positioniert hat, ist die Ortung nun auch für Zivilisten zielgenau möglich und die Abhängigkeit von Amerikas GPS passé. Neben dem öffentlich-regulierten Dienst (PRS) und dem Such- und Rettungsdienst (SAR) stehen jetzt auch der PRS (Public Regulated Service), ein besonders geschütztes, verschlüsseltes Navigationssignal für die sicherheitskritische zivile Nutzung, zur Verfügung. Gesteuert werden die Satelliten vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum DLR in Oberpfaffenhofen.

‚Der Spion in meiner Tasche‘, 256 Seiten, Preis: 20 Euro, Editions A Verlag, ISBN 978-3-99001-384-7.

 

Besprochen von Susanne Plaß 3/2021

Das Buch ist gespiekt mit erstaunlichen Informationen, die der Autor auf unterhaltsame Weise in Kapitel zusammenfasst mit Headlines wie: Geliebter Spion, Das Jesus-Phone, Der Feind auf Deinem Touchscreen, Der Spitzel, Der Kommissar, Das virtuelle Kuschelmonster, Der Stalker u.v.m. Unter der Überschrift ‚Der Spitzel‘ werden die Machenschaften von Google dargelegt. Das kalifornische Unternehmen sammelt und speichert alle geografischen Daten der Nutzer in „Sensorvault“ – das sind Rechnerfarmen. Aus den gesammelten Infos macht Google in erster Linie Anzeigengelder: 2020 wurden fast 225 Mrd. Euro für Werbung auf Smartphones ausgegeben. Spudlichs Tipp: Nutzer können ihre ‚Location History‘ bei Google löschen. Dass die größte Vorratsdatenspeicherung der Welt auch für Ermittler durch das ‚Geofencing‘ enorm wichtig geworden ist, beschreibt Spudlich im Kapitel ‚Der Kommissar‘. Denn nach Fingerabdrücken und DNA sind Lokalisierungsdaten die neue Wunderwaffe im Arsenal der Ermittler.

 

Die totale Manipulation löste 2016 die ‚Pokémon Go‘ App aus. Erfinder John Hanke, der auch Google Earth und Streetview gegründet hat, beeinflusst damit das Verhalten der Nutzer, statt nur Verhalten zu protokollieren. Mit 30 Mio. Dollar unterstützten Google und Nintendo das Start Up zum Lokalisierungs-Spezialisten. Während Streetview Fotos liefert, GPS die Erde vermisst, bestimmen Pokémons die Richtung!


Die Nazis legten die Basis für das ‚racial profiling‘, was bis heute durch digitale Mittel der Biometrie + Gesichtserkennung weiter geformt wurde. Die Gesichtserkennung ‚Face Recognition‘ wird künftig einschneidende Auswirkungen auf unseren Alltag haben. Täglich werden 93 Millionen Selfies auf Social Media Kanälen hochgeladen. Warum die Sinnflut an Selfies für Entwickler von Gesichtserkennung ein mehrfacher Jackpot ist, erklärt Helmut Spudlich ab Seite 79. Auch Facebook, Apple, TikTok & Co können sich der Recherche des Journalisten nicht entziehen, der den ‚Feind auf Touchscreen‘ enttarnt.


Anfang 2020 startete das Projekt „Human Screenome“ von der Stanford University. Unsere Smartphones spiegeln unser gesamtes digitales Leben wider, geben Kenntnis über unser Verhalten, unsere Kontakte und manchmal auch Krankheiten. Beim Forschungsprojekt werden alle 5 Sekunden Screenshots der Displays gemacht. Denn aus den tausenden Aufnahmen soll die digitale DNA des Nutzers entstehen - die vollständige Überwachung!


Aber Helmut Spudlich lässt den geschockten Leser nicht allein und gibt unter ‚Digitaler Hygiene‘ wertvolle Empfehlungen, um künftig nicht auf das Handy verzichten zu müssen.

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