Fairtrade-30-Jahre

Jubiläum:

Vom Start-up zur globalen Bewegung

Seit 30 Jahren setzt sich Fairtrade Deutschland für mehr Fairness im Welthandel ein

Köln, 5. Mai 2022 - Globaler Handel ist unfair: Kaffee, Kakao, Kleidung – am Anfang globaler Lieferketten stehen oft schlechte Arbeitsbedingungen und Armut, zu niedrige Preise und zu geringe Löhne. Vor genau 30 Jahren wurde in Deutschland TransFair gegründet – heute Fairtrade Deutschland. Das Ziel des gemeinnützigen Vereins: faire Produkte für alle Verbraucherinnen und Verbraucher verfügbar zu machen, das Bewusstsein für fairen Konsum zu steigern und so die Handelsbedingungen für Kleinbäuerinnen und -bauern in Anbauländern des globalen Südens zu verbessern. Dafür steht das Fairtrade-Siegel, das Waren kennzeichnet, die nach den internationalen Standards gehandelt wurden.

Was 1992 mit einem ersten gesiegelten Kaffee in einer Supermarktkette begann, hat sich zum bekanntesten Siegel neben Bio in Deutschland entwickelt: Gut 90 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher kennen das Fairtrade-Siegel. Aus verschiedenen Initiativen wurde eine globale Bewegung: Organisationen wie Fairtrade Deutschland gibt es inzwischen in über 20 Ländern; rund 1,9 Mio. Menschen in Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas sind Teil einer Fairtradezertifizierten Produzentenorganisation. In den letzten Jahren wurden hierzulande jährlich rund 2 Mrd. Euro für Fairtrade-Produkte ausgegeben. Besonders beliebt sind Klassiker wie Kaffee, mit einem Marktanteil von gut 5 Prozent, Kakao mit 16 Prozent und Bananen mit 17 Prozent Marktanteil sowie Rosen: sie sind fair gehandelt seit 2005 in Deutschland erhältlich. Mehr als jede dritte Rose, die in Deutschland verkauft wird, ist inzwischen Fairtrade-zertifiziert.

 

30 Jahre in Bewegung: Von Klinken putzen bis zur politischen Advocacy

 

Seit Gründung begleitet Dieter Overath Fairtrade Deutschland. „In den Anfangszeiten musste ich viele Klinken putzen, ich wurde für die Fairtrade-Idee regelrecht belächelt,“ erinnert sich der Vorstandsvorsitzende des Vereins. Die Zeiten haben sich verändert. Inzwischen gehören Nachhaltigkeitsabteilungen fast selbstverständlich zu größeren Unternehmen, kein Supermarkt in Deutschland, der keine Fairtrade-Produkte führt. Über 480 Unternehmen arbeiten mit Fairtrade zusammen. Dazu kommen Engagierte in knapp 800 Kommunen, über 800 Schulen und bald 40 Hochschulen, die als Fairtrade-Town, -School oder -University aktiv sind, sowie die über 30 Mitgliedsorganisationen von Fairtrade Deutschland – Organisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Frauen, Bildung oder Umwelt.

 

In den letzten Jahren hat Fairtrade Deutschland sein politisches Engagement ausgebaut: Der Verein ist unter anderem in Multi-Stakeholder-Initiativen wie dem Kakaoforum oder dem Textilbündnis aktiv, es gibt Kooperationen und Projekte mit dem Entwicklungsministerium BMZ. Denn um den Welthandel fair zu gestalten, müssen alle mit anpacken: „Fairtrade ist Pionier und zeigt, dass es in der Praxis möglich ist, Handelsbedingungen zu verbessern“, so Overath. „Gleichzeitig müssen wir weg davon, dass sich nur die für fairen Handel einsetzen, die bewusst etwas besser machen wollen. Um ganze Branchen umzukrempeln und auch die mitzunehmen, die sich nicht darum scheren, brauchen wir die Politik, die einen allgemeingültigen Rahmen setzt und dabei die Schwächsten im Fokus hat.“ Dafür wird Fairtrade auch zukünftig aktiv sein.

 

Dieter Overath: 30 Jahre im Dienst für Fairness im globalen Handel

 

Nach 30 Jahren Dienst für mehr Fairness im globalen Handel geht Dieter Overath Ende Juni in den Ruhestand. Nach seinem Weggang wird der dann dreiköpfige, paritätisch besetzte Vorstand den fairen Handel leiten:  Claudia Brück mit den  Schwerpunkten Kommunikation und Politik, Katja Carson als Vorständin für Personal, Finanzen und Digitalisierung und Detlev Grimmelt mit dem Fokus auf Marketingaspekte.

 

Globale Herausforderungen machen fairen Handel wichtiger denn je

 

Stillstand kennt die Fairtrade-Bewegung nicht. Nach 30 Jahren Fairtrade in Deutschland, sind die Herausforderungen nicht kleiner geworden – Beispiel Klima: Die Klimakrise setzt den Menschen am Anfang der Lieferketten zunehmend zu. Zuletzt lieferte eine Studie Szenarien für die Folgen des Klimawandels auf verschiedene Fairtrade-Rohstoffe: Ohne gebündelten Einsatz, Treibhausgase zu minimieren und den Menschen, die Bananen, Kaffee oder Kakao anbauen, finanzielle Unterstützung zu bieten, stehen Existenzen vieler Fairtrade-Bäuerinnen und Bauern auf dem Spiel. Nicht zuletzt die Coronakrise hat die Fragilität globaler Lieferketten offengelegt. Bis heute belasten die hohen Kosten für Container und Logistik, Energie, Düngemittel und Lebensmittel die Produzentenorganisationen massiv. Weiter angefeuert wird die Kostenspirale von den Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine. Gleichzeitig bleibt der Preisdruck hoch. Die stabilen Mindestpreise, die Erzeugergemeinschaften über den fairen Handel bekommen, bieten ein wichtiges Sicherheitsnetz, mithilfe der zusätzlichen Prämie können notwendige Investitionen getätigt werden. Gleichwohl ist die Lage für viele prekär.

 

Deshalb fordert Fairtrade Nachbesserungen beim Lieferkettengesetz: stabile Preise, die ein existenzsicherndes Einkommen und die Zahlung existenzsichernder Löhne ermöglichen, müssen Teil des Gesetzes sein. Lieferkettenverantwortung und stabile Preise gehen Hand in Hand – nur so ist fairer Handel für alle möglich.


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