Landrover-Ambulanz

Fünf Quadratmeter Freiheit

Mit der Land Rover Ambulanz auf dem Landweg nach Australien

Eine Buchbesprechung von Susanne Plaß

Viele Menschen träumen davon, auf Weltreise zu gehen, dem Alltag und der Arbeit für eine Zeit lang ade zu sagen und interessante Kulturen, abwechslungsreiche Natur und deren tierische Bewohner, sowie die Kulinarik anderer Länder zu erleben. Durch die weltweit grassierende Pandemie ist das grenzenlose Reisen derzeit zwar eingeschränkt, doch der Lockdown gibt uns Gelegenheit, über unser Leben und unsere Ziele nachzudenken und bei Bedarf zu korrigieren. Warum nicht diese ungewöhnliche Zeit nutzen und in interessanten Büchern mit Fernweh-Potential stöbern?

 

Wer wissen möchte, wie man solch einen Aussteiger-Traum wahr werden lässt, sollte sich das Buch „Fünf Quadratmeter Freiheit – Mit dem Land Rover Ambulanz auf dem Landweg nach Australien“ von Christian Ebener mit aufs Sofa nehmen. Der Autor wagte zusammen mit seiner Frau Anja das Abenteuer und ist von Deutschland aus auf dem Landweg ans andere Ende der Welt aufgebrochen. Ihr Zuhause für 681 Tage ist ‘Major Tom‘, ein fast 40 Jahre alter Land Rover Forward Control 101. Gebaut wurde der seltene 3,7-Tonner, der auf beachtlichen 95 cm hohen Reifen thront, für das Militär. Auf einem Schrottplatz in England fand das Paar ihren künftigen Reisebegleiter in erbärmlichem Zustand und verliebten sich in das kraftvolle Metallpaket. Viel Kraft, Geld und Zeit stecke das technisch versierte Paar in den Um- und Ausbau ihres Vehikels, der bis auf die kleinste Schraube zerlegt wurde.


Im Sommer 2017 war es soweit, ‚Major Tom‘, wie sie ihr Gefährt liebevoll nennen, war komplett restauriert und auf fünf Quadratmeter zum fahrbaren Ess- und Schlafzimmer ausgebaut. Das Reisebudget mit 20.000 Euro pro Person lag auf dem Konto, um die knapp zwei Jahre und rund 70.000 Kilometer durch die Schweiz, Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro, Albanien, Griechenland, Türkei, Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, Russland, Mongolei, Südkorea, Vietnam, Kambodscha, Laos, Malaysia, Indonesien bis nach Timorleste durchzustehen. Timorleste – noch nie gehört! Von dort musste der Land Rover nach Darwin in Australien verschifft werden, was Chris zum Anlass nahm, die wehrhafte Geschichte der ehemaligen portugiesischen Kolonie kurz zu erzählen, die dank einer Blauhelm-Mission 2002 internationale Anerkennung zum eigenständigen Staat erhielt. Dabei versteht es der Autor, seine Reiseeindrücke mit geschichtlichem Hintergrund zu füllen und den Horizont des Lesers auf sympathische Art anzureichern.

Das Buch „Fünf Quadratmeter Freiheit – mit der Land Rover Ambulanz auf dem Landweg nach Australien“ im Format 145 x 210 mm kostet 18 Euro und kann im Stock und Stein Verlag (Krefeld) unter der ISBN-13: 978-3-9817174-3-3 bestellt werden https://www.stockundsteinverlag.de oder direkt beim Autor über die Homepage: www.christian-ebener.de. Als e-book kostet es 15,90 Euro unter ISBN: 978-3-9817174-4-0.


Christian Ebener, Jahrgang 1981, fand nach einer begonnenen Ausbildung zum KFZ-Mechaniker als Forstwirt seine Bestimmung, da konnte er seinen Freiheitsdrang in der Natur ausleben. Anja kündigte ihren Job als Meisterin der Orthopädietechnik und ohne großen Testlauf ging es los zur Welterkundung. Die beiden Overlander verließen ihre sichere Komfortzone im heimischen Alltag, um in ein spannendes und oftmals entbehrungsreiches Leben on the road einzutauchen. „Overlander beobachtet und analysiert die Probleme der Welt, hinterfragt Zusammenhänge und suchen Lösungsansätze. Sie helfen und tauschen sich aus, sind bodengebunden und verzichten auch aus ökologischer Motivation, wenn möglich, auf Flüge“, erklärt Ebener, der mit den vielen Selfie-postenden Backpackers auf der Reise nichts anfangen konnte. Kenntnisreich garniert der Buchautor das Erlebte mit Wissenswertem über Land, Leute und Natur sowie die oft komplizierten Reisebestimmungen an den Ländergrenzen. Auch die Macken und Reparaturen von ‚Major Tom‘ finden ihren Niederschlag und man fühlt sich an Bord des heimlichen Stars der Reise mitgenommen. Es ist kein Buch, was die imposanten Landschaften in epischer Breite beschreibt, sondern die Fahrt an sich mit ihren Höhen, Tiefen und diversen Schlaglöchern.


Das 296 Seiten starke Werk mit 101 Fotos weckt die Sehnsucht nach Abenteuer. Der Autor erzählt von authentischen Begegnungen mit fremden Kulturen wie dem Adlerfest der Berkutschis am Altai Gebirge in der Mongolei; von Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit wie ihnen bei essentiellen Reparaturen ihres ‚Major Tom‘ durch Mitglieder von Land Rover Clubs in Thailand und Malaysia widerfahren ist; von endlosen Wüsten wie in Kasachstan, als der Motor bei 35°C plötzlich streikte; von intakten Dschungelgebieten mit Elefanten, Nashörnern und Orang Utans in Borneo, fantastischer, asiatischer Küche mit teils skurrilen Auswüchsen, traumhaften Landschaften, der Vielfalt der Tiere in Nationalparks und glimpflich verlaufenden Begegnungen mit Schlangen und Kängurus auf dem roten Kontinent. Er beschreibt aber auch das unfassbare Ausmaß an Rodungen der Urwälder in Asien für Monokulturen, die rasante Zerstörung der Ökosysteme auch durch Elektrizität-bringende Staudämme, das Ersticken asiatischer Länder wie Kambodscha im Plastikmüll und die chinesische Gier auf wichtige Rohstoffe der Nachbarländer und deren überall sichtbare finanzielle Einflussnahme. „In unseren Medien sind Themen wie die Abholzung der Wälder im Amazonasgebiet und Asien präsent. Jetzt, wo wir unmittelbar davorstehen, die Flächen sehen, die Sägen hören, den Rauch riechen, sind wir geschockt“, sagt der 40-Jährige. Es ist der Wechsel von schönen Erlebnissen, von der Freundlichkeit der Menschen und das Aufrütteln durch den rücksichtlosen Umgang mit unserem Planeten, der dieses Buch so lesenswert macht.

 

Seit 2009 realisiert Christian Ebener seine Leidenschaft zu Individualreisen mit selbst konstruierten Fernreisefahrzeugen der englischen Marke Land Rover und hat daraus ein wirtschaftliches Standbein gemacht. 2020 ist er mit seiner Frau nach Hamburg gezogen, um sich als freier Reiseautor zu etablieren und bietet sein umfangreiches Wissen auch Nachahmern an. SP



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