LNG-Interview-Katja-Freitag

Studie TUHH

„Wir denken mit dem Terminal weit über den Tag hinaus“

Technische Universität Hamburg untersucht Perspektiven geplanter Terminalinfrastruktur für eine zukünftige Energieversorgung im norddeutschen Raum

Hamburg/Brunsbüttel, 26. August 2021. Das in Brunsbüttel geplante LNG-Terminal kann über die derzeit geplante Verwendung hinaus auch perspektivisch zum Aufbau einer Infrastruktur für eine zukünftige klimaneutrale Energieversorgung auf der Basis importierter regenerativer Energie beitragen. So lautet eine wesentliche Erkenntnis einer aktuellen Untersuchung der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Jüngst hat die German LNG Terminal GmbH die Bedeutung des geplanten Import- und Distributions-terminals für LNG in Brunsbüttel in der zukünftigen Wasserstoffversorgung Norddeutschlands durch das renommierte Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der TUHH untersuchen lassen. Brunsbüttel, so einen weitere Erkenntnis der Studie, sei als Standort für ein Terminal, das sich zu einem Wasserstoff-Import-Hub insbesondere für Norddeutschland entwickeln könnte, grundsätzlich sehr gut geeignet. Die Nordwirtschaft nahm die Studie zum Anlass, um mit Katja Freitag, Pressesprecherin der German LNG Terminal GmbH, über weitere Erkenntnisse der Studie und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für das angestrebte Terminal zu sprechen. 

Was hat die German LNG Terminal GmbH zu dieser Untersuchung veranlasst?


Wir bekennen uns ausdrücklich zu den Energie- und Klimaschutzzielen der Bundesregierung und der Europäischen Union. Wir gehen dabei davon aus, dass auch „grüne“ Energie in Zukunft importiert werden muss, um den heimischen Energiebedarf kosteneffizient zu decken. Dafür werden wir mehr Import-Infrastrukturen brauchen - und somit ist unser geplantes Terminal wichtig für die zukünftige klimafreundliche Energieversorgung in Norddeutschland. Es geht zum einen darum, die Gasversorgung zu diversifizieren. Zum anderen geht es aber eben auch darum, die Schifffahrt und den Schwerlastverkehr mit einer nachhaltigeren Kraftstoffalternative zu versorgen, die umwelt- und klimafreundlicher als herkömmliche Kraftstoffe ist.


LNG wird in Zukunft schrittweise noch klimafreundlicher werden, und zwar durch zunehmende Beimischungen von LNG auf der Basis von synthetischen oder biogenen Stoffen. Damit ist das Terminal – so wie es geplant ist – ohne technische Umrüstungen für die Lagerung und Weiterverteilung von klimafreundlichen LNG nutzbar und zukunftsfähig. Gleichzeitig sehen wir die wachsende Bedeutung von Wasserstoff – gerade auch hier in der Region. Ähnlich wie LNG kann Wasserstoff verflüssigt werden und ist dann extrem kalt. Da liegt natürlich die Frage nahe, zu schauen, inwieweit ein LNG-Terminal zum Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur beitragen könnte. Mit der Technischen Universität haben wir einen wissenschaftlich renommierten Partner für diese Kurzstudie gefunden. 


Zu welchen wesentlichen Erkenntnissen ist die TUHH gekommen?


Zunächst einmal bekräftigt die Studie unsere Einschätzung, dass Energieimporte weiterhin notwendig sind, da die heimische Produktion nicht genügend erneuerbare Energie bereitstellen wird, das direkt als Strom genutzt oder zur Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt wird. Wir werden damit auf den Import von grünem Wasserstoff angewiesen sein, und zwar den pipeline-ungebundenen Import. Somit sprechen wir über flüssigen Wasserstoff oder Wasserstoff-Derivate, z. B. grünes Methan oder grünes Ammoniak. Zum anderen wird unsere Standortentscheidung für Brunsbüttel bestätigt. Denn Brunsbüttel wird attestiert, als Standort für ein Terminal gut geeignet zu sein. Dies beruht vor allem auch auf der Erkenntnis der Studie, dass sich Brunsbüttel zu einem Wasserstoff-Import-Hub insbeson-dere für Norddeutschland entwickeln könnte. Der Standort ist sehr gut see- und ausreichend landseitig angebunden. Zudem könnten auch potenzielle industrielle Verbraucher in Nord-deutschland von Brunsbüttel aus versorgt werden. Außerdem befindet sich der Standort Brunsbüttel in einer Region, die derzeit sehr innovativ und forciert eine Wasserstoffwirt-schaft entwickelt bzw. entwickeln will – hier erwarten wir Synergieeffekte und Entwicklungspotenziale .


Was sagt die Untersuchung zur Zukunftsfähigkeit des LNG-Terminals?


Klimaneutrales LNG, also synthetisches oder biogenes LNG, könnten bereits vom ersten Tag der Inbetriebnahme an am Terminal umgeschlagen werden. Das Terminal kann somit unmittelbar für eine klimafreundliche Energieversorgung eingesetzt werden und diese vorantreiben. Der Ausbau von Importinfrastrukturen für flüssige und gasförmige Energieträger wird weltweit vorangetrieben, um die steigende Energiewende unter Einhaltung von ambitionierten Klimaschutzzielen bewältigen zu können. Auch das geplante Terminal in Brunsbüttel gehört zu diesem wichtigen Entwicklungsschritt hin zu notwendiger Klimaneutralität.


Was sagt die Studie über den Beitrag eines LNG-Terminals zum Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur?


In der Studie wurden neben flüssigem Wasserstoff auch die Wasserstoffderivate grünes Methan und grünes Ammoniak untersucht. Hier kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass diese Varianten am Terminal grundsätzlich technisch umsetzbar sind. Demnach kann ein LNG-Terminal mittelfristig auch „multifunktional“, d. h. für die klima-freundlichen Energieträger, genutzt werden. Je nach Produkt sind jedoch unterschiedlich aufwendige technische Anpassungen erforderlich. Die Gesamtbewertung der Kurzstudie lässt darauf schließen, dass das Handling von flüssigem Ammoniak insgesamt wahrscheinlich etwas einfacher als von flüssigem Wasserstoff ist.


Was bedeutet das für Ihre geplante Investition?


Ganz klar - wir planen zunächst einmal den Bau und die Umsetzung eines LNG-Terminals. Das Terminalprojekt ist übrigens eine vielfach sicher erprobte Antwort auf die steigende Energienachfrage und die Forderung nach nachhaltiger Energie. Durch den möglichen Ein-satz für die Lagerung und die Weiterverteilung von klimafreundlichen Energieträgern beweist das Terminal aber zudem seine Zukunftsfähigkeit, auch im Sinne einer erfolgreichen Umsetzung der Energiewende. Mit dem Terminal denken wir daher auch weit über den Tag hinaus. Die Untersuchung bestätigt uns in unserem Bestreben, perspektivisch weiter das Thema Wasserstoff mitzudenken.


Die klimaneutrale Transformation unserer Energieversorgung wird sich über Jahrzehnte erstrecken – auch das bestätigt die TUHH. Deshalb müssen jetzt Erfahrungen im Umgang mit der Logistik tiefkalter Flüssigkeiten sammeln und eine entsprechende Importinfrastruktur sukzessive aufbauen. Die Universität regt an, an der Schnittstelle zwischen Forschung, Anwendung und effektiver Nutzung ein erfahrungsbasiertes Kompetenzzentrum für die Nutzung tiefkalter Gase aufzubauen – das wollen wir gerne aufgreifen.


So wird Wissen für die erfolgreiche Dekarbonisierung unseres Energiesystems kontinuierlich erarbeitet und verfügbar gemacht. Diese Kooperationen wird noch weitere positive Begleiterscheinungen nach sich ziehen: Wir gewährleisten langfristige Wettbewerbsfähigkeit verschiedener heimischer Industriesektoren.


Wie ist der aktuelle Stand des Terminal-Projekts insgesamt?
Das Projekt schreitet weiterhin erfolgreich voran. Im Juni wurde der erste Antrag auf Geneh-migung bei der zuständigen Behörde eingereicht. Übrigens wird es im Rahmen des Genehmi-gungsverfahrens auch eine offizielle Öffentlichkeitsbeteiligung geben. Hier haben wir bereits zu einer konstruktiven Beteiligung aufgerufen. Eine endgültige Investitionsentscheidung wird getroffen, sobald die Genehmigungen vorliegen.

NW / JM


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