Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel

Buchtipp

Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel?

Eine wettbewerbsökonomische Analyse der Handelsentwicklung und ihrer Folgen für Lieferanten und Verbraucher – Neuerscheinung im März 2023

Hamburg, März 2023. Welche Folgen hat die fortschreitende Konzentration im Markt des deutschen Lebensmitteleinzelhandels (LEH)? „Die Effekte sind vielfältig. So treiben die Top-Unternehmen des LEH mit jeder Marktanteilserhöhung auch die Inflation an, wenn sie ihre Preissetzungsspielräume gegenüber Konsumenten nutzen. Die Konzentration hat bedenkliche Ausmaße erreicht“, erklärt Prof. Dr. Rainer Lademann zu der wettbewerbsökonomischen Analyse, die er gemeinsam mit Dr. Mitja Kleczka in Buchform vorlegt. Im März 2023 erscheint die Untersuchung unter dem Titel „Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel?“.

Die wettbewerbsökonomische Analyse der Autoren Lademann und Kleczka erscheint in der ZLR-Schriftenreihe von R&W Recht und Wirtschaft des Deutschen Fachverlags in Frankfurt.


Rainer Lademann | Mitja Kleczka: Marktbeherrschung im Lebensmitteleinzelhandel? Eine wettbewerbsökonomische Analyse der Handelsentwicklung und ihrer Folgen für Lieferanten und Verbraucher. 1. Auflage 2023 | ZLR-Schriftenreihe 292 Seiten | 69 Euro | ISBN: 978-3-8005-1854-8


Viele Jahre war der Lebensmitteleinzelhandel einer der Impulsgeber für die Weiterentwicklung des deutschen und europäischen Kartellrechts. Der Machtzuwachs des LEH – einhergehend mit dem seit langem voranschreitenden Konzentrationsprozess – wurde regelmäßig mit Effizienzgewinnen und preisbegrenzenden Einflüssen auf die Lebenshaltungskosten, aber auch als Gegenmachtbildung gegenüber der industriellen Lieferantenseite in Kauf genommen. Die Autoren Lademann und Kleczka kommen nun aber zu dem Ergebnis, dass das Narrativ eines die Konsumentenwohlfahrt fördernden ‚weißen Ritters‘ für den LEH nicht länger aufrechterhalten werden kann.


Fast 90 Prozent  Marktanteil: Spitzengruppe unter Missbrauchsaufsicht des GWB stellen


Inzwischen verfügen Edeka, Rewe, Lidl und Kaufland sowie Aldi über Preissetzungsspiel­räume sowohl auf ihren Beschaffungs- als auch auf ihren Absatzmärkten. Da zahlreiche Wettbewerbsindikatoren auf ein marktbeherrschendes Oligopol der vier Marktführer mit fast 90 Prozent  Marktanteil hindeuten, schlagen die Autoren vor, die Spitzengruppe der Missbrauchsaufsicht des GWB zu unterwerfen. Außerdem könnte erwogen werden, die ‚Schwarzen Klauseln‘ des AgrarOLkG als Vermutungstatbestände für Marktbeherrschung in § 19 GWB aufzunehmen.

Die Analyse beruht unter anderem auf einer Ende 2021 durchgeführten Befragung von Herstellern von Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Wasch-, Putz-, Reinigungs- und Körperpflegemitteln. Das Buch dokumentiert die Analyseergebnisse zu Marktstrukturen, zum Beschaffungsverhalten sowie zu den Preisen und Gewinnen als Indizien für die Marktergebnisse:

Für die Lieferanten sind die drei größten Kunden im LEH unverzichtbar, auf sie entfällt inzwischen im Durchschnitt 64 Prozent des Umsatzes (vor 12 Jahren ‚erst‘ 49 Prozent ).


Viele Konditionen werden vom LEH nicht mehr verhandelt, sondern als Vorbedingungen für Verhandlungen  gesetzt‘.


Der überwiegende Teil der Befragten beklagt unfaire Handelspraktiken, die nach dem AgrarOLkG untersagt sind.


Weite Teile der Industrie können keine oder allenfalls weit unterproportionale Kostenerhöhungen an den LEH weitergeben; dies führt zu Substanzverzehr und zu Verschärfung der Konzentration auch in der Industrie.

Die Spitzengruppe des LEH zeigt in ihrem Beschaffungsverhalten, dass sie Mitnachfrager nicht mehr berücksichtigen muss. Sie bedroht und diszipliniert regelmäßig eine große Mehrheit ihrer Lieferanten.


Fast die Hälfte der befragten Hersteller haben infolge des Nachfragedrucks der LEH-Spitzengruppe, nicht zuletzt durch die Handelsmarkenentwicklung, Investitionen in Neupro­dukte reduzieren müssen. Wenn Innovationen ausbleiben, stirbt die Wettbe­werbs-

d­­ynamik.


Die Marktführer im LEH haben inzwischen gegenüber Konsumenten Preissetzungs­spielräume, die sie zu Preissteigerungen nutzen. Die Top-Unternehmen des LEH dämpfen nicht die Inflation, sondern sind mit jeder Marktanteilserhöhung einer ihrer Antreiber.


Die Rentabilität des eingesetzten Eigenkapitals ist im LEH inzwischen höher als in der Industrie, wo sie tendenziell rückläufig ist.


Die Lademann & Associates GmbH ist ein Beratungsunternehmen mit Sitz in Hamburg und Brüssel. Seit mehr als 30 Jahren befassen sich die Experten von L&A auch mit Fragen der Nachfragemacht und Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Sie haben wettbewerbsökonomische Themen für alle Stufen der Ernährungswirtschaft – neben der Industrie auch Landwirtschaft, Lebensmittelgroßhandel und LEH – bearbeitet, etwa in Verbindung mit Kartellen, Fusionen und Missbrauchsverfahren. Ihre Expertise ging in mehrere Novellierungen des GWB sowie in Anhörungen des Ernährungs- und Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages ein. Die Wettbewerbsökonomen von L&A haben auch mehrfach die Monopolkommission bei Sonder- und Hauptgutachten zur Ernährungswirtschaft unterstützt. https://www.lademann-associates.de

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