Pandemie als Initialzuender zum mittelständischen Eisproduzenten

Unternehmensportrait

Pandemie als Initialzünder zum mittelständischen Eisproduzenten

Von: Susanne Plaß

Bargteheide, März 2023. Ohne die behördlich angeordnete Schließung der Gastronomie wären Elvis und Drazen Bogicevic heute keine erfolgreichen Mittelständler. Mit hoher Kreativität, Lernbereitschaft und starkem Willen revolutionieren die Brüder aus Bosnien gerade das Eisgeschäft. Ihre während der Corona-Pandemie entwickelte, nachhaltige Idee „Elvis Eis im Glas“ verbreitet sich seit letztem Jahr wie ein Lauffeuer in den norddeutschen Märkten. Mittlerweile gibt es schon 700 Verkaufsstellen, darunter Famila, Markant, Rewe und Edeka. Der Einstieg ins Eisgeschäft im Lebensmitteleinzelhandel lohnt sich: laut Statista 2021 wurden im deutschen LEH rund 1,8 Milliarden Euro mit Speiseeis generiert.

Es begann mit dem Krieg in Bosnien/Serbien und der Scheidung der Eltern. Mutter Nada ging Mitte der 90er Jahre nach Deutschland und arbeitete als Kellnerin im Eiscafe La Piazza in Bargteheide. Sohn Elvis lernte KFZ-Mechaniker in Bosnien und folgte ihr 2002 nach Schleswig-Holstein. „Ich war von dem Eis und der Präsentation begeistert. So etwas gab es bei uns in Bosnien nicht“, sagt Elvis Bogicevic. Als eine Servicekraft im Eiscafé fehlte, half er als Tellerwäscher und am Tresen aus. Mich faszinierte das Eismachen und ich las viele Bücher darüber, studierte Rezepturen, machte mich mit den Prozessen in der Küche und den Eigenschaften der Produkte vertraut. Der Inhaber des La Piazza, Elio Giacomin, brachte mir bei, wie man italienisches Eis macht. Als der Eismacher ausfiel, durfte ich meine Kenntnisse in die Tat umsetzen.“


Mit 23 Jahren wagte Elvis Bogicevic 2006 zusammen mit seiner Mutter den Sprung in die Selbstständigkeit. Der Jungunternehmer gibt zu: „Damals war ich komplett mit den bürokratischen Anforderungen überfordert. Ich belegte Kurse bei der Handelskammer, um die Konzession für ein Café zu bekommen. Herr Giacomin verkaufte mir sein La Piazza und blieb noch zwei Jahre stiller Teilhaber, um mich zu coachen. Ein wichtiger Wegbegleiter war auch Kurt Timm, Inhaber des Unternehmens Elektro Timm GmbH in Bargteheide. Bis heute steht mir auch Enno Glantz vom Erdbeerhof Glantz stets mit Rat zur Seite.“


Als sein Bruder Drazen, der in Bosnien Maschinenbau lernte, 2010 nach Deutschland kam, ging die Expansion mit weiteren Eiscafés voran. Mittlerweile betreibt die Familie drei Elvis Eiscafés und drei Eispavillons in Bargteheide, Bad Oldesloe und seit Februar auch eines in Lübeck. Zum Erfolg sagt der Firmengründer: „Es ist das Gesamtpaket – Eisqualität und Ausstattung der Cafés. Wir entwickeln unser handgemachtes Eis, die Qualität, die Konsistenz, Machart, Ingredienzien und die Präsentation stetig weiter. Mittlerweile haben wir 40 Rezepte, davon sind 50 Prozent glutenfrei, 7 Prozent vegan und 30 Prozent sogar lactosefrei. Unsere Eissorten schmecken intensiv nach dem, was drin ist – frische hochwertige Zutaten. Ob Erdbeeren vom Erdbeerhof Glantz, Walnüsse, Coffee Crunch mit EILLES Kaffee hergestellt oder Apfelstrudel – der Konsument soll den vollen Geschmack und das wohlig-cremige Erlebnis im Mund spüren.“

International bekannt wurde Elvis Eis 2017 beim ‚Gelato Festival‘ in Florenz. „Mit dem Gewinn des Publikumspreises für das beste Eis setzte ein Hype ein mit Beiträgen im italienischen Sender RAI 1, in der Washington Post und hierzulande im NDR. Unsere Elvis Eiscafés wurden überrannt von Gästen, die unser Siegereis Erdbeer-Joghurt-Cookie probieren wollten“, erinnert sich der heute 39-Jährige. Als die Brüder Bogicevic ihr ‚Elvis Eis‘ als geschützte Marke anmeldeten, rief das eine New Yorker Kanzlei, die sich um die Rechte des verstorbenen Sängers Elvis Presley kümmert, auf den Plan. Man einigte sich.


Die Elvis Eiscafés sind ganzjährig geöffnet und bieten tagfrisch per Hand hergestelltes Speiseeis italienischer Machart. Nicht unerheblich am Erfolg ist die Qualität der Heißgetränke. Daher probierten sich die Brüder 2018 auf der Messe Internorga vorwiegend durch italienische Kaffeeanbieter: „Aber fündig geworden sind wir bei dem Hamburger Kaffeeröster J.J. Darboven. Die Qualität von Alfredo Espresso ist erstklassig mit seinem breiten Spektrum von sanft über süditalienisch-rassig bis hin zum Primus Omnium mit einem vollen kräftigen Körper und passt perfekt für unseren Anspruch an einen guten Kaffee. Für unser Coffee Crunch Eis nehmen wir EILLES Kaffee, der auf Instand-Basis im Glas geliefert wird. Er lässt sich sehr gut mit dem Speiseeis verbinden und gibt ihm eine angenehme Kaffeenote.“


Kaffeeröster und Mäzen Albert Darboven ist dafür bekannt, innovative Gründer tatkräftig zu unterstützen. Warum Elvis und Drazen Bogicevic den Hanseaten überzeugt haben, erklärt Karen Thestorff, Vertriebsleiterin Hamburg und Schleswig-Holstein bei J.J. Darboven: „Die außergewöhnliche Gründungsgeschichte und der besondere unternehmerische Erfolg, waren Kriterien. Die beiden Brüder beeindrucken durch die kompromisslose Qualitätspolitik für handgemachtes Eis und ihren Mut, Neues zu wagen. Dabei unterstützen wir nicht nur als Heißgetränke Vollsortimenter von Kaffee über EILLES Tee bis Cocaya Schokolade, sondern auch mit Weiterbildung an unserer Akademie. Dort werden die Mitarbeiter von Elvis Eiscafé u.a. über die Eigenschaften von Kaffee, deren Herkunft, Präsentation und die Handhabung der Maschinen geschult. Wir konnten die Eisproduzenten auf der Messe Internorga auf ganzer Linie mit unserem Alfredo Espresso mit original italienischer Röstung überzeugen und sie uns von ihrem starken Unternehmergeist. Seitdem ist es eine partnerschaftliche, erfolgreiche Zusammenarbeit.“ Drazen Bogicevic hat ein weiteres Kriterium: „Die Zusammenarbeit ist immer intensiver und wichtiger für uns geworden. Neben der Personalschulung und der Produkt-Unterstützung dürfen wir auf unserem Elvis Eis im Glas das Logo von EILLES Kaffee verwenden. Das ist ein wichtiger Türöffner, denn wir sind erst auf dem Vormarsch und die Kaffee-Range von J.J. Darboven ist bundesweit bekannt.“

„Corona hat uns gezeigt, wie fragil es sein kann, wenn man auf behördliche Anordnung schließen muss. Wir wollten unsere Mitarbeiter, die nur zu 1/4 Saisonkräfte sind, da wir im Sommer 60 Prozent mehr Umsatz machen als im Winter, nicht verlieren. In der Pandemie kam uns die Idee, unser Eis in Gläser abzufüllen und dem Handel anzubieten. Es wurden unzählige Telefonate geführt und ein Gespräch gab den Durchbruch zur Listung bei Famila. Daraufhin haben wir 2022 unsere Expansionsstrategie komplett neu aufgestellt. Mein Bruder Drazen ist für die Eiscafés zuständig und ich kümmere mich um die Produktion und Listung unseres neuen Produkts Elvis Eis im Glas“, erklärt Elvis Bogicevic.


Vom Eiscafé-Betreiber 2006 hat die Familie es 2022 bis zum Mittelständler mit derzeit 60 Mitarbeitern geschafft. Entscheidend für die Expansion mit Elvis Eis im Glas war 2022 der Bau einer eigenen Eisfabrik für 1,5 Mio. Euro im Gewerbegebiet von Bargteheide. Im Herzstück des Unternehmens stehen 13 Eismaschinen. Sie ermöglichen eine flexible Produktion von verschiedenen Eissorten, je nach Bedarf für die Cafés oder für den Einzelhandel. Als Ritterschlag empfanden Elvis und Drazen Bogicevic den Besuch von Albert Darboven am 13. März 2023 in ihrer neuen Produktionsstätte in Bargteheide.


Der Mut und die durchgehende Einsatzbereitschaft der bosnischen Familie zahlt sich aus. „Im ersten Geschäftsjahr vom Elvis Eis im Glas lagen wir schon gleichauf mit dem Umsatz in unseren Eisläden. Für 2023 streben wir in der Gastronomie eine Steigerung von 18 Prozent und beim Elvis Eis im Glas eine 100-prozentige Steigerung an“, sagt der Namensgeber.


Nachhaltigkeit ist Familie Bogicevic wichtig: Die Gestaltung der Produktionsschritte und Verpackung sind ressourcenschonend angelegt. Aus der durch den Russland-Krieg ausgelösten Preisexplosion bei Energie und Rohstoffen haben sie gelernt. „Seit Juli 2022 haben wir eine Photovoltaikanlage installiert, die 1/3 unseres Strombedarfs produziert. Die neue Kaltwasseranlage kühlt unsere Eismaschinen mit Glykol in einem Kreislaufsystem. Dadurch sparen wir 600 l Wasser, die früher pro Charge benötigt wurde. Ein Wärmetauscher fängt die Produktions-Wärme auf, die wir dann zum Heizen unserer Räumlichkeiten nutzen. Wir setzen auf nachhaltige Kreislaufwirtschaft“, so Elvis Bogicevic, der bis 2030 das Elvis Eis komplett CO² frei produzieren möchte.

NW/Plaß

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