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Wasserstoff - das grüne Erdöl
Norddeutschland wird zum europäischen Hub für grünen H2

Lange galt Wasserstoff als Energieträger und Schlüsselrohstoff der Zukunft. Jetzt scheint eine grüne Wasserstoffwirtschaft kurz vor dem endgültigen Durchbruch zu stehen. Damit könnte Norddeutschland zum europäischen „Hub für grünen H2“ werden.

Von: Dr. Jörn Arfs mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung von IHK Nord

Der Strom, mit dem die Autos angetrieben werden, stammt von den Solarpaneelen auf unzähligen privaten Hausdächern. Die Gebäude selbst werden mit Abwärme aus einer nahegelegenen Fabrik beheizt. Und das Industrieunternehmen wiederum nutzt grünen Wasserstoff, der mit Offshore-Windenergie erzeugt wurde. So oder so ähnlich könnte der energetische Zukunftsalltag in Norddeutschland und ganz Europa aussehen. Politik, Wissenschaft, Unternehmen und Verbände sind sich ausnahmsweise mal ziemlich einig: Die Energiewende und die ambitionierten Ziele der Europäischen Union und der Bundesregierung (Klimaneutralität Deutschlands bis 2045) sind ohne grünen Wasserstoff nicht zu schaffen. Anhaltend sinkende Preise für erneuerbare Energien und kontinuierliche Innovationen haben ihn inzwischen zu einer tragfähigen Lösung für eine klimaneutrale Wirtschaft in Industrie, Verkehr und im Energie- und Gebäudesektor gemacht. Das Beratungsunternehmen Boston Consulting schätzt das globale Marktvolumen von grünem H2 bis 2050 jährlich auf 200 Milliarden Dollar.

Die Häfen im Norden werden als Logistik- und Wirtschaftszentren mit ihren Importterminals eine wichtige Rolle bei Einfuhr und Verteilung von grünem Wasserstoff und synthetischen Energiequellen, bei der Nutzung von H2 sowie beim Export von Wasserstofftechnologie und -komponenten spielen. „Mit dem Zugang zum Meer und den hohen Erzeugungskapazitäten von On- und Offshore-Windstrom kann Norddeutschland eine grüne Wasserstoffindustrie aufbauen und den Rohstoff selbst emissionsfrei produzieren“, sagt Minister Pegel. „Deshalb wird Wasserstoff auch als Export- und Importgut für die norddeutschen Seehäfen von Bedeutung sein.“ Aufgrund ihrer Bedeutung als Logistikzentren seien Seehäfen hervorragende Standorte für Versuchsanlagen zur Wasserstoff-Elektrolyse, zur Ansiedlung von Importterminals und von Unternehmen, die in ihren industriellen Prozessen grünen Wasserstoff einsetzten. 


Pegels Hamburger Ministerkollege, Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, will den Hafen der Hansestadt zu „Europas Logistik Hub für H2“ und zur „Wasserstoffdrehscheibe“ machen. Bis 2030 hat sich der Senat das Ziel gesetzt, das Versorgungsnetz im Hafen in Energieleitungen für grünen Umweltschutz zu verwandeln („HH-WIN“). Diese sollen die Industriebetriebe nur noch mit H2 versorgen. Eingespeist werden soll vor allem durch die mit mindestens 100 Megawatt Leistung weltweit größte Anlage für Wasserstoffelektrolyse in Moorburg. Am „Green Energy Hub“, der den Grundstein für den Aufbau einer vollständigen H2-Wertschöpfungskette bildet, sind Shell, Mitsubishi Heavy Industries, Vattenfall sowie der kommunale Fernwärmenetzbetreiber „Wärme Hamburg“ beteiligt. Auch im Strategiepapier „Hamburg 2040“ der Handelskammer Hamburg ist H2 ein wichtiger Pfeiler der Stadtentwicklung und Energieversorgung.

Die fünf norddeutschen Bundesländer haben beste Voraussetzungen, zu einer H2-Vorreiterregion zu werden. Die häufige „steife Brise“ begünstigt den Betrieb von Windkraftanlagen und Elektrolyseuren zur grünen Wasserstoffherstellung. Zudem sind relativ viele Lade- und Transportkapazitäten vorhanden, die in Verbindung mit den Seehäfen mit ihrem Netz aus potenziellen Industrieanwendungen und Dienstleistungspartnern sowie ihren großen Terminals ideale Plattformen bieten. Zahlreiche maritime Unternehmen, energieintensive Industrien und wissenschaftliche Einrichtungen verfügen über viel Expertise mit Wasserstoff als Ausgangsstoff und Prozessgas.


Christian Pegel, sozialdemokratischer Minister für Energie in Mecklenburg-Vorpommern, teilt diese Einschätzung: „Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Metropolregion Hamburg mit anderen Metropolregionen in Deutschland und Europa verglichen und bestätigt, dass Norddeutschland besonders für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft geeignet ist. Die Region hat einzigartige Standortvorteile zur Erzeugung erneuerbarer Energien und ein großes Abnahmepotenzial von grünem Wasserstoff – vor allem bei der Industrie.“




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