Wasserstoff - Interview Eggenschwiler

Wasserstoff

„In Norddeutschland haben wir die besten Voraussetzungen, grünen Wasserstoff zu erzeugen, der die Basis für alternative Kraftstoffe im Flugverkehr darstellt."

Interview mit Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport, Vorsitzender der Wasserstoffgesellschaft Hamburg e. V.

Hamburg positioniert sich gerade als grüner Luftfahrtstandort. Das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung befasst sich mit der Entwicklung wasserstoffbetriebener Flugzeuge. Und am Hamburger Flughafen sollen bis 2024 alle Flugzeuge zu fünf Prozent synthetisches Kerosin auf Wasserstoffbasis tanken. Das klingt so, als müssten wir uns als drittgrößter Luftfahrtstandort der Welt keine Sorgen machen, technologisch gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen zu geraten. 


„Hamburg braucht sich keine Sorgen zu machen und der Hamburg Airport ist u.a. mit der Raffinerie Heide und der Deutschen Lufthansa in einem leistungsfähigen Konsortium. Mit der angestrebten 5-prozentigen Beimischungsquote im Jahr 2024 haben sich alle Partner auch ambitioniertere Ziele gesetzt als aktuell von der Bundesregierung angestrebt. Der Norden bietet mit der überschüssigen Energie aus Windkraft große Vorteile, den Markthochlauf für „nachhaltige Flugkraftstoffe, sogenannte `Sustainable Aviation Fuels` (SAF), entscheidend mitgestalten zu können.“

 

Airbus hat im vergangenen Herbst unter der Bezeichnung ZEROe („Zero Emissions“) drei Konzepte für Wasserstoffflugzeuge mit verschiedenen Antriebsvarianten und für unterschiedliche Marktsegmente präsentiert. Sie sollen bis 2035 serienreif sein. Ist das die Zukunft des Fliegens?


„Dass ein rein elektrisch-hybrides Verkehrsflugzeug in ganz naher Zukunft eine Startbahn des Hamburger Flughafens verlässt, erscheint mir mit den momentanen technischen Gegebenheiten noch unwahrscheinlich, auch wenn Airbus hier ehrgeizige Ziele verfolgt. Für mich liegt die Hoffnung, den CO2-Austoß im Flugverkehr zu reduzieren vor allem beim Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, hergestellt aus grünem Wasserstoff und recyceltem CO2. Solche alternativen Kraftstoffe lassen sich im Gegensatz zu reinem Wasserstoff als Treibstoff mit vorhandener Logistik nutzen und müssen außerdem nicht unter hohem Druck gespeichert werden, was die Handhabung noch einmal vereinfacht.“

 

Wie kann Norddeutschland als Luftfahrtstandort an diesem gigantischen Zukunftsprojekt partizipieren bzw. von ihm profitieren?


„In Norddeutschland haben wir die besten Voraussetzungen, grünen Wasserstoff zu erzeugen, der die Basis für alternative Kraftstoffe im Flugverkehr darstellt. Zusammen mit unseren norddeutschen Partnern und den zahlreichen bereits laufenden Forschungsprojekten bietet sich ein großes Potenzial, Norddeutschland als Vorreiter und ´Hub´ für emissionsarmes Fliegen zu etablieren.“

Der Nachteil des emissionsfreien Fliegens aus heutiger Sicht: Die Wasserstoffflugzeuge hätten nur eine maximale Reichweite von 3.700 Kilometern. Interkontinentale Langstreckenflüge wären ohne Zwischenstopps nicht möglich. Wird man das Problem in den Griff kriegen?


„Am Hamburger Flughafen verfolgen wir das Ziel, in fünf Jahren fünf Prozent des benötigten Flugzeugtreibstoffes synthetisch herzustellen, was als sogenanntes `Drop-in-Fuel` beigemischt werden wird. So erreichen wir die gewohnten Reichweiten ohne Probleme. Mehr als die Reichweite der Flugzeuge beschäftigen uns heute jedoch die notwendigen Herstellungskapazitäten für alternative Kraftstoffe. Bisher ist die Menge des verfügbaren synthetischen Kerosins noch sehr gering, nur circa 0,1 Prozent des insgesamt im Flugverkehr benötigten Treibstoffes könnte man bisher bedienen. Die Vergangenheit zeigt aber auch, dass gerade im Wasserstoffbereich technischer Fortschritt und Innovationen eine hohe Schlagkraft aufweisen. Ich bin also zuversichtlich, dass wir durch Weiterführung der guten norddeutschen Kooperation und Forschungsprojekten auch hier Lösungen finden werden, die wir dann auch mit Partnern im Ausland – teilweise auch mit Importen – erfolgreich umsetzen werden.“

Drei weitere mögliche Probleme: Es müsste immer genug H2 an den Flughäfen zur Verfügung stehen. Flüssiger Wasserstoff muss obendrein auf rund 250 Grad unter null gekühlt werden, damit er flüssig bleibt. Und flüssiger H2 braucht wegen seines höheren Volumens deutlich mehr Platz als Kerosin Das sind große logistische Herausforderungen auch für den Helmut-Schmidt-Airport…


 „Den logistischen Herausforderungen beim Einsatz und der Vertankung von Wasserstoff stellt sich der Hamburg Airport aktiv. Wir arbeiten bereits jetzt im Rahmen des Spitzenclusters mit dem Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL), der Lufthansa Technik und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) daran, für diese Fragen Antworten und Lösungen zu finden und diese auch an einem Großdemonstrator erproben zu können.“


Das Interview führte Jörn Arfs - Mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung der IHK Nord
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