Deformation statt Transformation

Deformation statt Transformation

Eine Betrachtung von Peter Axel Haas zum "Klimaschutzstärkungsgesetz"

Hamburg, 24. November 2023. Ein „Klimaschutzstärkungsgesetz“ setzte die rot-grüne Koalition im Hamburger Rathaus in der letzten Bürgerschaftssitzung auf die Debatten-Agenda. So bemüht, wie der Name des Paragraphenwerks, so rigoros auch der Inhalt.

 

Eine Solardachpflicht für öffentliche Gebäude, ab 2024 ein Zwang zur mindestens 30-prozentigen Photovoltaik-Installation bei Sanierung von Dächern privater Gebäude, ab 2027 auch für Neubauten eine 70-prozentige Pflicht – die Liste der Ver- und Gebote ist lang, die SPD und Grüne den Bürgern im stetigen Bemühen um baldige Klimaneutralität der Stadt aufzwingen. Allein: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum illegalen Bundeshaushalt von der vorvergangenen Woche wachsen die Irritationen allerorten, ob und was der Staat der Allgemeinheit in Sachen Klimaschutz zumuten darf. Milliardenberge an Schulden in Nebenhaushalten, die an der Verfassung vorbei installiert worden sind, jedenfalls nicht mehr.

Womit wir wieder beim „Klimaschutzstärkungsgesetz“ aus der Hamburgischen Bürgerschaft wären: Kein Wort verliert das komplexe Regelwerk darüber, wer all‘ die Dachinstallationen bezahlen soll. Rot-grünes Hintergrund-Geraune, nach dem man schon irgendwelche staatlichen Töpfe zur mindestens teilweisen Finanzierung finden werde, dürfte nach dem Karlsruher Richterspruch endgültig von gestern sein. Bleiben also Investoren, Häuslebauer und Hausbesitzer. Die werden angesichts ohnehin stark steigender Baukosten ihre Investments dreimal überdenken, wenn nicht gar zurückstellen oder ganz absagen. Und dieser Trend verfestigt sich zusehends für die gesamte „grüne Transformation“.

 

  • In Heide / Holstein stellt die Ölraffinerie den Versuch ein, grünen Wasserstoff zu produzieren. Nach drei Jahren konstatieren die Projektentwickler um Örsted und Hynamics – das Unterfangen ist zu teuer.
  • Ein paar Kilometer weiter wackelt die groß gefeierte Planung der Ansiedlung einer Batteriefabrik des Nortvolt-Konzerns, die einen signifikanten Beitrag zur Entwicklung der E-Mobilität leisten sollte. Ohne die gute halbe Milliarde aus staatlichen Schuldentöpfen, die das Bundesverfassungs-gericht jetzt geschlossen hat,  steht der Bau in Frage.
  • In Hamburg ist unklar, ob der angedachte Elektrolyseur am ehemaligen Kohle-Kraftwerk Moorburg kommt, der unter anderem für das nahegelegene Stahlwerk von ArcelorMittal grünen Wasserstoff liefern sollte – auch hier dürfte nach dem Richterspruch das Fördergeld fehlen.

 

Die Liste ließe sich fortsetzen. Ihre Länge entspricht wohl der Zahlendichte, die der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor kurzem in Sachen Kosten der grünen Transformation vorhergesagt hat: Zwischen 1,5 und 2,3 Billionen würden in den nächsten Jahren anstehen, um den grundlegenden Wandel in Industrie und Gesellschaft hin zu Klimaneutralität rund um das Jahr 2040 zu erreichen. Selbst wenn der Staat seine Schulden-Fördertöpfe von mehreren hundert Milliarden jetzt noch verfassungswidrig beibehalten würde, wären das nur Tropfen auf den heißen Stein.

 

Was bleibt also für diejenigen, die das Klima mit staatlichen Massnahmen schützen wollen? Marktentfesselung, sagen führende Wirtschaftsvertreter. Nehmt den CO²-Zertifikate-Hand endlich ernst, senkt die Stromsteuern vom deutschen 24-Cent-Niveau auf französische vier Cent, macht eine Unternehmens-Steuerform, die eine 25 Prozent-Obergrenze vorsieht. Ein solches Feuerwerk an Marktwirtschaft wird allerdings mit Rot-Grün nicht zu machen sein. Und solange die FDP trotzdem an der Messaliance namens Ampel-Koalition festhält, dürfte das entgeisterte Publikum nur eines erleben: Deformation statt Transformation der Wirtschaft, zuallererst der Industrie, in Hamburg und ganz Deutschland.


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