EUROPEAN INVENTOR AWARD 2023

European Inventor Award 2023

In Valencia (ES) wurde am 4. Juli 2023 vom Europäischen Patentamt in einer weltweit im Livestream übertragenen Zeremonie der Europäische Erfinder-Preis 2023 verliehen

Hamburg, Juli 2023. Mit dem Europäischen Erfinderpreis geehrt werden Erfinder und Erfinderinnen, die mit ihren Ideen Lösungen hervorbringen, die helfen, einige der größten Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Er ist eine Hommage an den Erfindergeist, an die individuellen Beiträge talentierter Innovatoren sowie an das europäische Patentsystem, das Erfindungen schützt und Innovation fördert. Seit 2006 werden jährlich Erfinder und Erfinderinnen für ihre durch Europäische Patente geschützte und bereits in die Praxis eingeführte Erfindung ausgezeichnet.Am 4. Juli dieses Jahres wurden nunmehr in Valencia vom Europäischen Patentamt in einer weltweit im Livestream übertragenen Zeremonie der Europäische Erfinder-Preis 2023 in den Kategorien Industrie, Forschung, Kleine und mittelständische Unternehmen, Erfinder aus Ländern, die nicht der Europäischen Patentorganisation angehören und Lebenswerk eines Erfinders verliehen.

Der Vorsitzende der den Preis verleihenden Jury, die ausschließlich aus Preisträgern früherer Jahre besteht, ist Prof. Dr. Wolfgang Heckl, der vielen durch seine Tätigkeit auf dem Gebiet „Wissenschaftskommunikation“ an der TU München und als Direktor der Deutschen Museums München bekannt ist.

 

Des Weiteren wurde eines der mit dem Europäischen Erfinder-Preis gewürdigten Erfinder-Teams (das Gewinner-Team in der Kategorie „Forschung“) durch eine im Internet vom Europäischen Patentamt durchgeführte Abstimmung der Öffentlichkeit in den Wochen vor der Preisverleihung ermittelt: Der Publikums-Preis wurde dem Gewinner-Team in der Kategorie „Forschung“ zuerkannt.

 

Im Rahmen der Zeremonie wurde in Valencia auch ein Preis an junge Erfinder (Alter ≤ 30 Jahre) für Erfindungen verliehen, die Erfindungen im Rahmen der Erfüllung eines der 15 UN-Nachhaltigkeitsziele gemacht haben, die in die Praxis Eingang gefunden haben.

 

Und das sind die Gewinner in ihren jeweiligen Kategorien:


„Industrie“

 

Pia Bergström, Annika Malm, Jukka Myllyoja, Jukka-Pekka Pasanen und Blanka Toukoniitty (Firma Neste, Finnland):

 

Erfindung: Umwandlung von Abfällen in erneuerbare Kraftstoffe

 

Das Team der Firma Neste hat sich darauf konzentriert, Wege zur Umwandlung minderwertiger Abfall- und Reststoffe in hochwertige und reine Kohlenwasserstoffe zu finden. Nach reinigender Vorbehandlung der Abfälle und Reststoffe werden die gereinigten Stoffe einer katalytischen Raffination unterworfen. Dabei wird auch gebundener Sauerstoff durch Wasserstoff-Zugabe entfernt. Anschließend werden die erhaltenen Kohlenwasserstoffe isomerisiert und so die Produkt-Eigenschaften für kalte Bedingungen verfeinert. Dabei sind beispielsweise aus unterschiedlichsten Fetten und Ölen Treibstoffe (z. B. mit allen Dieselmotoren kompatible Dieseltreibstoffe) herstellbar, mit denen sich die Treibhausgas-Emissionen von Dieselmotoren (im Vergleich zu aus fossilen Quellen gewonnenem Diesel-Treibstoff) um 75 bis 90 Prozent senken lassen.

 

„Forschung“

 

Partricia de Rango, Daniel Fruchart, Albin Chaise, Michel Jehan und Nataliya Skryabina (Centre National de la Recherche Scientifique; CNRS; Frankreich)

 

Erfindung: Sicheres, nachhaltiges Verfahren zur Speicherung von Wasserstoff

 

Das interdisziplinäre Team des französischen CNRS hat eine neue Methode zur Speicherung von Wasserstoff entwickelt. Um fossile Brennstoffe durch „grünen“, also mit erneuerbaren Ressourcen und Kohlenstoff-armer Technologie gewonnenen Wasserstoff zu ersetzen und diesen ohne die bisherigen aufwendigen Technologien verdichten, kühlen, verflüssigen, speichern, transportieren und wieder freisetzen zu können, wählte das Team einen völlig neuen Weg: Magnesiumhydrid, eine Wasserstoff enthaltende chemische Verbindung, wird mit Metall-Zusätzen und Graphit gemischt. Das Gemisch wird zu festen Platten komprimiert. Die resultierenden Festkörper können in speziell dafür entwickelten Behältern gespeichert, aufbewahrt und transportiert werden. Der für diesen Vorgang erforderliche Energie-Einsatz ist deutlich geringer als bei anderen Verfahren. Die Freisetzung des Wasserstoffs aus den Platten kann bei niedrigen Drucken erfolgen. Dabei sind die Wasserstoff-Komprimat-Platten stabil und einfach in der Handhabung und entzünden sich selbst bei Kontakt mit Feuer nicht. Überraschenderweise geht bei längerem Lagern der Platten kein Wasserstoff verloren.

 

 „Kleine und mittelständische Unternehmen“

 

Rhone Togher, Eimear O’Carroll (Firma Lios, Irland)

 

Erfindung: Hochmodernes akustisches Material zur Geräuschdämmung

 

Aus der Entwicklung eines Kopfhörers mit einem Material, das Schall abschwächen und damit die schädlichen Wirkungen reduzieren kann, die Umgebungslärm für das menschliche Gehör haben kann, entwickelte das Erfinderinnen-Duo ein dünnes, leichtes Verbundmaterial zum Mindern von Geräuschemission, insbesondere solcher niedriger Frequenzen. Das neue geräuschdämmende Material weist eine zellenartige Struktur auf. Das Innere der Zellen ist mit einem thixotropen Gel befüllt. Sind die mit dem Gel gefüllten Zellen einmal versiegelt, kann die Verbund-Struktur eine Übertragung von Geräuschen zwischen zwei Räumen dämpfen und reduzieren. Im Vergleich zu herkömmlichem Dämm-Material geringere Dicke und geringeres Gewicht macht einen Einsatz des neuen Dämm-Materials in Haushaltsgeräten, Maschinen, Kraftfahrzeugen und in Raumfahrzeugen sinnvoll: Geringerer Platzanspruch und geringeres Gewicht der Dämmung erlauben mehr Platz und Gewicht für Nutzlast und tragen zur Einsparung von Treibstoff bei.

 

„Unternehmen aus Ländern, die nicht der Europäischen Patentorganisation angehören“

 

Kai Wu und Team (Firma Contemporary Amperex Technology Co., Ltd.; CATL; VR China)

 

Lithiumionen-Batterien mit geringerem Entzündungs- und Explosions-Risiko

 

Lithiumionen-Batterien spielen in zahlreichen Gebieten der Technik (batteriebetriebene Fahrzeuge, Geräte zur mobilen Kommunikation) eine Schlüsselrolle bei der Speicherung, der gebrauchsgebundenen Abgabe und der ladungs-bedingten (Wieder-) Aufnahme von elektrischem Strom. Die aus Lithium, Nickel, Cobalt und Mangan bestehenden Kathoden der Lithiumionen-Batterien sind anfällig für Überhitzung beim Betrieb und beim Laden der Lithiumionen-Batterien, insbesondere für Elektrofahrzeuge, in denen traditionell einzelne Zellmodule miteinander verbunden sind und ein sog. „Akkupack“ bilden. Entzündet sich ein solches „Akkupack“, sind die Brand-Temperaturen in Lithiumionen-Batterien hoch, läuft ein Brand schneller ab, werden zum Löschen große Wassermengen benötigt und besteht die Gefahr, dass ein gelöschter Brand nach Stunden oder Tagen wieder aufflammt. Mit dem Ziel, das Risiko eines Lithiumionen-Batteriebrands aufgrund von Überladung zu minimieren, entwickelte der Erfinder und sein Team eine Sicherheitsvorrichtung, die eine überladene Batterie kurzschließt: Eine Klapp-Abdeckung, die nicht schmilzt und als Barriere fungiert, die Wärme ableitet und hohe Temperaturen und den Überdruck aufnimmt. Sobald Überhitzung im Zell-Inneren einer Batterie zu einem Anstieg des Luftdrucks führt, klappt die Abdeckung zu und kommt mit dem leitenden Polschuh in der Batterie in Kontakt, was die Batterie kurzschließt. Darüber hinaus setzten die Erfinder Lithiumphosphat ein. Dieses hat eine geringere Energiedichte und ist in einem niedrigeren Spannungsbereich aktiv. Bei einer Überladung kommt es nicht zu einer Überhitzung des Lithiumphosphats, das damit für die Verwendung in Batterien für größere Sicherheit des Akkupacks sorgt.

 

„Lebenswerk eines Erfinders“

 

Avellino Corma Canós (Instituto de Tecnologia Química; ITQ; Valencia, ES)

 

Molekularsieb-Katalysatoren zur Verbesserung chemischer Reaktionen

 

Der spanische Erfinder ist ein Pionier auf dem Gebiet von Katalysatoren. Katalysatoren sind Substanzen, die eine Reaktion zweier oder mehrerer chemischer Substanzen, ermöglichen oder steuern oder hinsichtlich ihrer Effizienz oder Ausbeute verbessern können. Synthetisch hergestellte kristalline Zeolithe sind aus den Elementen Silicium, Aluminium und Sauerstoff bestehende Katalysator-Materialien. Durch ihre poröse Struktur wirken sie wie Siebe für kleine Moleküle und ermöglichen bzw. steuern deren chemische Reaktionen miteinander. Avelino Corma Canós‘ Lebensleistung besteht darin, dass er eine große Vielzahl synthetischer Zeolith-Strukturen entwickelt hat. So „baute“ er 1989 seinen ersten synthetischen Zeolith als Katalysator, der die Oktanzahl (d. h. den Octan-Gehalt) von aus Rohöl hergestelltem Benzin verbessert und mit dem so hergestellten Benzin eine bessere Motor-Laufleistung, niedrigere CO2-Emissionen bei warmem Wetter und eine bessere Widerstandsfähigkeit des Treibstoffs gegen Druck im Verbrennungsraum des Motors ohne vorzeitiges Zünden des Treibstoff-Luft-Gemisches ermöglicht hat. Avelino Corma Canós entwickelte auch zahlreiche andere synthetische Zeolithe, beispielsweise für die Entfernung von NO, für die Herstellung von Arzneimittel- und Kosmetik-Wirkstoffen und für die Transformation von Biomasse.

 

„Preis für junge Erfinder“:

 

Der erste Preis ging an Richard Turere (Firma Lion Lights; Kenia)

 

Erfindung: Erschwingliches, automatisch betriebenes Lichtsystem zum Schutz von Vieh und von Wildtieren

 

Afrika’s Bestand an Wildtieren wird mit hoher Geschwindigkeit dezimiert. So ist in Kenia, dem Heimatland des Erfinders, der Bestand an wild lebenden Löwen auf 17 % des Bestands von 2003 gefallen. Neben der Wilderei ist dafür verantwortlich, dass Löwen auf Beutejagd auch Viehherden überfallen und daher von den Viehhaltern in großer Zahl getötet werden, um das Vieh zu schützen. Der Erfinder machte als kleiner Junge die Beobachtung, dass die Löwen nicht in die Viehherden einbrechen, wenn er mit seiner Taschenlampe im Viehgehege herumleuchtete. Der Erfinder entwickelte ein System aus blinkenden LED-Leuchten, das an den Begrenzungen der Viehweiden installiert wird und das die Löwen davon abhält, das Vieh in den Gehegen anzufallen. Aus Lampen mit einfachen Ein- und Ausschaltern entwickelte der Erfinder Solarenergie-Lampen mit unregelmäßigen Leuchtsequenzen, damit die Löwen die Leuchtintervalle nicht „lernen“ können, sondern vielmehr der Eindruck entsteht, dass sich Menschen mit Lampen in den Vieh-Gehegen aufhalten, was die Löwen zuverlässig von den Weiden fernhält.

 

(Anmerkung des Verfassers: Alle Informationen stammen von der Website des Europäischen Patentamts (www.epo.org); Dokument: „All the Winners: European Inventor Award and Young Inventors Prize 2023“;   https://www.epo.org/news-events/news/2023/20230704.html )

Lesen Sie auch: Ziele des Europäischen Erfinderpreises (European Inventor Award)
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