Eine starke Waffe gegen Corona - Luftreiniger

Eine starke Waffe im Luftkampf gegen Corona

Kaum einer bezweifelt inzwischen, dass mobile Luftreiniger eine sinnvolle Ergänzung des Lüftens sind.

Autor: Dr. Jörn Arfs

Hamburg, 30. August 2021 - Eine aktuelle Studie vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) kommt zu dem Ergebnis: In einem Klassenraum mit 19 Schülern, einem Lehrer und einer infizierten Person ist das Risiko einer Corona-Infektion 72 Minuten sehr gering, wenn regelmäßig gelüftet wird. Wird ein Luftreiniger eingesetzt, verlängert sich die Zeit relativer Sicherheit auf 7,2 Stunden. Und wird die Luft mechanisch gereinigt und tragen alle Personen eine Maske, wird sich sehr wahrscheinlich die ersten 80 Stunden niemand infizieren. Gegen die Virenübertragung hilft die AHA+L-Regelung „Abstand halten, Hygiene beachten, im Alltag Masken tragen und Lüften“ also nur bedingt. Eine sinnvolle und hilfreiche Ergänzung bzw. unterstützende Maßnahme sind mobile Luftreiniger, die ähnlich wie beim Lüften virenhaltige Aerosole - feinste Tröpfchen in der Luft - im Raum reduzieren. 

Dabei ist zu unterscheiden zwischen drei Geräte-Typen:

 

  • Fest installierte Lüftungsanlagen mit Wärmetauscher, die von allen Experten empfohlen werden, aber mit rund 10.000 Euro Anschaffungskosten sehr teuer sind.


  • Fest installierte Ventilatoren, die meist in die Fenster eingebaut werden und zusammen mit einem gekippten Fenster für Luftaustausch sorgen; Kostenpunkt: ca. 3.000 Euro.


  • Mobile Luftreiniger mit einer Preisspanne von 500 bis ca. 1.500 Euro plus der Kosten für den Filteraustausch.


Wer inzwischen eine Belüftungsanlage mit Virenfilter sucht, stößt auf eine unübersichtliche Heerschar von teils unseriösen Herstellern und Anbietern, die mit vielen Versprechungen und oft widersprüchlichen Aussagen locken. Der Markt ist insgesamt intransparent und für den Verbraucher schwer durchschaubar: Sind die Geräte effizient? Sind die Zertifikate ihr Prüf-Siegel wert? Fakt ist: Nicht alle Luftwäscher können grundsätzlich Bakterien und Viren filtern. Sie können zwar einen großen Anteil der Raumluft reinigen. Aber sie sind nicht in der Lage, ausgeatmetes CO2 gegen Sauerstoff zu tauschen. Reiniger mit Plasma sollten nicht verwendet werden und mit UV-C-Licht nur dann, wenn keine Strahlung freigesetzt wird. Außerdem können sie eine Infektion im nahen Face-to-Face-Kontakt unter 1,5 Meter nicht verhindern. Schließlich minimieren Luftreiniger zwar das (Stoß-)Lüften, können es aber nicht vollständig ersetzen. Das Fenster „auf Kipp“ bringt kaum Luftaustausch, es gilt in jedem Falle „Stoß- und Querlüften“.


Dessen ungeachtet hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Ausbruch der Pandemie in seiner SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel den Einsatz von Luftreinigungsgeräten empfohlen. Dort heißt es auf Seite 11: „Kann der Umluftbetrieb aus technischen oder technologischen Gründen nicht vermieden und können die Anforderungen an die CO2-Konzentration der Raumluft gemäß Absatz 3 nicht eingehalten werden, ist die Nachrüstung geeigneter Einrichtungen (zum Beispiel Filter) zur Reduktion der Konzentration von möglicherweise virenbelasteten Aerosolen erforderlich.“ Und in der Hamburger Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronaviruses werden unter Punkt 9.4 bei Veranstaltungen mit höherer Teilnehmerzahl in geschlossenen Räumlichkeiten „lüftungstechnische Anlagen“ empfohlen, „die Risikoinfektionen nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik erheblich reduzieren“.

Auch seitens der Wissenschaft gibt es viel Zuspruch. Für den Strömungsforscher Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr in München sind mobile Luftfilter eine „bewährte Technologie“, mit der das Ansteckungsrisiko minimiert werden könne. Die renommierte Gesellschaft für Aerosolforschung bestärkt ihn: „Luftreiniger können einen sinnvollen Beitrag leisten, um die Partikel- und Viren- 

konzentration in einem Raum zu reduzieren. Bei der Beschaffung von Luftreinigern muss darauf geachtet werden, dass diese für den betrachteten Raum und die betrachtete Anwendung ausreichend dimensioniert sind, um die Partikel- und Virenlast signifikant zu verringern.“ In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder legte die Gesellschaft am 11. April diesen Jahres nach: „Raumluftreiniger und Filter sind überall dort zu installieren, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen (Wohnheime, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Büros und andere Arbeitsplätze).“ 

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Bundesregierung und Bundesländer sind jedoch von einer einheitlichen Corona-Strategie in Sachen Lüftungsanlagen noch weit entfernt. Skeptiker, die Sinn und Nutzen anzweifeln, konnten sich lange auf das Umweltbundesamt (UBA) berufen. Die Behörde hatte zwar 2020 die sogenannte „Innenraumlufthygiene-Kommission“ berufen, veröffentlichte im November aber folgendes Statement: „“Der Einsatz von mobilen Luftreinigern kann (…) ergänzend sinnvoll sein, jedoch nur, wenn ausreichende Lüftung nicht möglich ist.“ Das Robert-Koch-Institut schloss sich dieser Bewertung an. Das animierte viele zum Nichtstun und zu einer Haltung wie das thüringische Kultusministerium: „Der beste Luftreiniger ist das geöffnete Fenster.“ Oder wie den Landkreistag von Mecklenburg-Vorpommern, für den mobile Luftfilter viel zu laut seien und die Raumluft nur aufwirbelten.

 

Dabei hat Corona einmal mehr aufgezeigt, dass der Gesundheitsschutz besonders in Unternehmen oft unzureichend ist. In Innenräumen wurde der Anteil von infektiösen Partikeln in der Atemluft bis heute weithin unterschätzt. Trotzdem haben es viele Firmen auch jetzt während der Abwesenheit der meisten Mitarbeiter versäumt, präventive Maßnahmen zu treffen bzw. vorzubereiten – die Installation von Luftfiltern eingeschlossen.

 

Nun drängt die Zeit zur Problemlösung: Immer mehr Menschen kehren aktuell an ihren Arbeitsplatz im Unternehmen zurück und in den kühleren Herbsttagen verlagert sich das Leben insgesamt wieder mehr in Innenräume – wo 99 Prozent aller Ansteckungen passieren. Außerdem kommt die nächste Grippewelle bestimmt: Zwar hat sich in der Saison 2020/21 in Deutschland „keine auf Bevölkerungsebene messbare Grippewelle aufgebaut“, weil sich das Land im Lockdown befand und die Maskenpflicht herrschte. Die bevorstehende Saison wird aber sehr wahrscheinlich anders verlaufen – hier könnten Luftreiniger einen wertvollen Beitrag leisten.

 

Auch angesichts der Wiedereröffnung der Schulen und Kitas und der bevorstehenden Bundestagswahl ist die Politik endlich aufgewacht und befürwortet und fördert seit kurzem einen schnellen und flächendeckenden Einsatz von mobilen Luftreinigern. Das Umweltbundesamt hat seine Bewertung Anfang Juli geändert: „Natürlich helfen mobile Luftfilter gegen Viren – wenn es sich um geprüfte Geräte handelt und sie richtig im Klassenraum aufgestellt sind“, sagte Heinz-Jörn Moriske, Geschäftsführer der Innenraumlufthygiene-Kommission. Es mache aber keinen Sinn, wenn Eltern ungeprüfte Geräte im Baumarkt kauften und willkürlich im Raum verteilten. Mit einem neuen Förderprogramm will der Bund die Aufstellung von mobilen Luftfiltern in Schulklassen ankurbeln. 200 Mio. Euro sollen dafür ausgegeben werden.


Was indes immer noch fehlt, ist ein Gesamtkonzept der Bundesregierung zur Raumlüftung. Das schließt auch die Frage mit ein, ob und in welcher Form die staatlichen Anreize für den Kauf von Belüftungsanlagen fortgesetzt werden sollen. Die großzügige Förderung im Rahmen des Überbrückungsgeldes läuft Ende September aus.

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