Politik der Hafenvernachlässigung passt zum Gesamttrend

Politik der Hafenvernachlässigung passt zum Gesamttrend

Eine Betrachtung von Peter Axel Haas.

Hamburg, 21. März 2024. Wenn Angelika Titzrath, die Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG, in der hansestädtischen Öffentlichkeit auftritt, sinkt die Raumtemperatur gefühlt ein wenig. Der unterkühlte Charme der eisblonden Managerin mit den stahlblauen Augen, die der HHLA seit 2017 vorsteht, passt durchaus zum harten Geschäft des Containerumschlags. In den Jahren einigermaßen passabler Bilanzen wirkte die 57-jährige bei deren Präsentation so geradezu bescheiden.

Nicht so in diesem März. Eher ratlos referierte die frühere Daimler- und Post-Vorständin eine ziemlich schwache Bilanz für 2023: Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen auf gute 100 Millionen praktisch halbiert, den Gewinn mit 20 Millionen mehr als geviertelt, da hatten selbst skeptische Analysten mehr erwartet.  Titzrath begründete die mauen Zahlen mit den internationale Krisen, der  teuren Transformation an der Kaikante und den durchweg steigenden Preise. Die haben sicher ihren  Anteil daran, dass die HHLA-Aktionäre – allen voran die mehrheitsbeteiligte Stadt – diesmal nur noch acht Cent Dividende pro Aktie erhalten, gegenüber 75 Cent im vergangenen Jahr.


Gleichwohl klingen die Begründungen der Hafenmanagerin für die miesen Zahlen stark nach Ausrede. Hausgemachte Probleme blendete sie weitgehend aus, so die teuren, in Teilen wenig ertragreichen HHLA-Auslandsbeteiligungen. Und naturgemäß wagte Titzrath keine Kritik am rot-grünen Senat, der erst im Januar ihren Millionenvertrag um weitere fünf Jahre verlängert hatte. Dabei sitzen in Rathaus, Wirtschafts- oder Umweltbehörde die Hauptverantwortlichen dafür, dass die Hamburger Hafeninfrastruktur seit Jahren kaum erneuert und dem Preiskampf mit den Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Das rächt sich jetzt, nicht nur mit der schwachen Bilanz 2023, sondern auch mit mageren Aussichten für dieses Jahr und dem geplanten 49,9-prozentigen Notverkauf der HHLA an die Großreederei MSC, der hochumstritten bleibt.


Und die Politik der Hafenvernachlässigung passt zum Gesamttrend: Hamburgs Wirtschaft stöhnt unter dem offensichtlichen Unwillen des rot-grünen Senats, ökonomischen Interessen an der Elbe Priorität einzuräumen. Besonders die grün geführte Verkehrsbehörde macht keine Anstalten, das wachsende Chaos auf Hamburgs Straßen zugunsten gestiegener Wirtschaftsverkehre unter Kontrolle zu bringen. Erst vor kurzem brach der Verkehr in der gesamten City zusammen, nachdem erneut Großbaustellen verschiedenster Bauträger alle wesentlichen Magistralen um die Innenstadt lahmgelegt hatten: Bus- und Taxifahrer entließen ihre Fahrgäste im stundenlangen Stau auf die Straße, Lieferdienste kehrten um, nichts ging mehr. Das gleiche Schicksal erleiden auch immer öfter Spediteure, die in den Nadelöhren über Elbtunnel oder –Brücken feststecken. Derweil kommt weder der Bau der A 26 quer durch den Hafen voran, noch die Fortführung des A 20-Autobahnrings um Hamburg, der seit Jahren von Bad Segeberg bis zur Elbe und über sie hinweg Richtung Bremen hätte fortgesetzt werden sollen. Stattdessen setzt die rot-grüne Politik in Deutschlands führender Stauhauptstadt auf allgemeine Verkehrsverlangsamung, Parkplatzvernichtung, immer öfter auch in Kernstraßen der Stadtteilzentren – und den Bau von Velorouten für Radler, als ob das die ökonomisch notwendige Mobilität um Elbe und Alster ersetzen könnte.


„Wir werden schlecht regiert, daher sind die industriepolitischen Aussichten schlecht. So schlecht wie zuletzt zu Zeiten der Finanzkrise in den 2000er-Jahren“, resümierte zu Jahresanfang der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg (IVH), Matthias Boxberger. Was auf die Ampel in Berlin gemünzt war, kann Hamburgs Wirtschaft auch für die Elbmetropole unterschreiben: Der Wohnungsbau bricht drastisch ein, gefördert durch überbordende Umweltauflagen und ein Investoren-unfreundliches Erbbaupachtrecht – neue Wohnungen für dringend benötigte Fachkräfte, Fehlanzeige, vom scheiternden Bau des neuen Hamburg-Wahrzeichens ‚Elbtower‘ ganz zu schweigen. Nach unten zeigen auch die Werte aller relevanten Bildungsuntersuchungen, allen voran Pisa, in Hamburg. Trotz massiver Investitionen sinkt die Zahl ausbildungsfähiger Lehrstellenbewerber, dafür steigt die Zahl der Schul-und Studienabbrecher. Und auch mit den langersehnten Investitionen in den vielbeschworenen Ausbau der klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft hakt es im Hafen.


So wie Angelika Titzrath für ihre magere HHLA-Bilanz die triste Weltlage verantwortlich macht, so versucht auch Hamburgs Bürgermeister den Niedergang der Stadt mit den schwierigen Zeitläuften zu entschuldigen. Das verfängt nicht mal mehr bei den eigenen SPD-Genossen: “Wir dürfen nicht mehr so tun, als sei alles gut“, rief eine Parteitagsdelegierte Anfang März dem verdutzten Peter Tschentscher zu. So ist das wohl.

Share by: