VHSp - Hausgemachte Probleme gefaehrden Hamburger Hafen

Verein Hamburger Spediteure (VHSp)

„Hausgemachte Probleme gefährden Hamburger Hafen“

Hamburg, 28. April 2023. Der Verein Hamburger Spediteure ist nicht gut auf den Hamburger Senat zu sprechen. Unzufrieden sei man mit der rot-grünen Hafenpolitik. Statt mit Augenmaß für einen wettbewerbsfähigen Hafen zu sorgen, würden die Probleme parteipolitisch, sogar ideologisch, angegangen. So der Tenor auf der Pressekonferenz des VHSp, die diese Woche anlässlich der Jahreshauptversammlung des Vereins stattgefunden hat.

"Der Hamburger Hafen - klimapolitischer Ein Glücksfall"


„Die Probleme sind hausgemacht“, so der Vorsitzende des Vereins Hamburger Spediteure, Axel Plaß. „Es gibt auch andere Häfen als Hamburg. Ladung im großen Stil verlässt Hamburg. Und nicht nur Richtung Westen, wie beispielsweise nach Rotterdam.  Wir verlieren Ladung nach Osten.  Da darf man schon fragen, wie wettbewerbsfähig ist der Hamburger Hafen eigentlich noch?".  Dabei sei der Hamburger Hafen ein geogeografischer, wirtschaftlicher und klimapolitischer Glücksfall für Deutschland und für Hamburg, so Plaß. "Auf diese Feststellung legen wir Wert:  Hamburg liegt 150 km im Inland. Wir können mit großen Seeschiffen, die klimatechnisch die besten Voraussetzungen haben, um große Mengen an Ladung zu bewegen, ins Landesinnere fahren, statt mit hunderten LKWs die Waren ins Landesinnere zu transportieren.“ Das, so Plaß weiter, müsste selbst einem „hartgesottenen grünen Politiker, der vielleicht nicht so wirtschaftsaffin ist, dennoch ein schützenswertes Gut sein, einen solchen Hafen zu haben, weiterzuentwickeln und zu schützen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschlands auch künftig zu gewährleisten“.  Wen Plaß an dieser Stelle konkret damit meint, lässt er allerdings offen. 


"Hafen wegen Untätigkeit geschlossen"


Im Hinblick auf eine funktionierende Logistik, wie beispielsweise bei der Hinterlandanbindung durch Eisenbahn und Straße, mahnt Plaß eindringlich: „Auch wenn der Eindruck besteht, alles funktioniert, mahnen wir zur Obacht: Dies kann sich schnell ändern.“ Man müsse sich fragen, so Plaß weiter, wie die Entwicklung des Hafens in Hamburg weitergehe. „Wollen wir wirklich an der Elbmündung ein Schild aufhängen mit der Aufschrift „Hafen wegen Untätigkeit geschlossen“?“  So bereite auch die Planungsunsicherheit in Bezug auf den Köhlbrandquerung Sorge: „Wir wissen nicht, was uns in den nächsten Jahren noch erwartet. Wir wissen nicht, was kommt, kommt ein Tunnel, kommt eine neue Brücke? Egal, was wir jetzt machen: Ob neue Planung, ein neues Gutachten, es führt alles nur zu einer zeitlichen Verschiebung und Ersparnisse wird es auch nicht geben.“


"Keine Alleingänge"


Plaß fordert sowohl vom Hamburger Senat als auch von der Bundesregierung den „Stopp  nationaler volkswirtschaftlicher Alleingänge“: „Wenn wir das Klima dauerhaft und nachweislich schützen wollen, wird dies nur im internationalen Kontext gelingen.“ Wirtschaftlich nachteilig wirke sich für das Gewerbe die unterschiedlichen Regelungen im internationalen Grenzverkehr aus. „Wir fordern von der Politik keine Einmischung und Restriktionen, sondern optimale Rahmenbedingungen für ein vernünftiges Wirtschaften.“


Der stellvertretende Vorsitzende Willem van der Schalk ging in seinen Ausführungen dann auch noch einmal auf die Probleme ein, die den Spediteuren das Leben erschweren, wie die Tonnagesteuer, die Gruppenfreistellungsverordnung,  die Anlaufproblematik des Hamburger Hafens und  dem Bau der A 26, die Köhlbrandquerung und das Sedimentmanagement. Van der Schalk: „Wir werden im Ausland immer wieder gefragt, wie es denn um die Nachhaltigkeit des Hamburger Hafens bestellt ist. Wie können wir planen, wie können wir unsere Investitionen regeln, die künftig im Hamburger Hafen gemacht werden sollen.“


Von der Bundespolitik erhofft sich van der Schalk ein „geschärftes“ Bewusstsein für die Bedeutung des Hamburger Hafen und den Überseehandel: „Hamburg ist Deutschlands größter Hafen. Wir waren mal Weltmeister im Exportverkehr. Heute sind wir lediglich auf dem dritten Platz hinter Singapore und Helsinki. Mit den Fragen, wie dies passieren konnte, müssen wir uns beschäftigen.“


Zusammenarbeit mit Reederein problematisch


Aber nicht nur Restriktionen und mangelnde Planungssicherheit beeinträchtigen das Transportgeschäft der Spediteure. Die Zusammenarbeit zwischen Reedereien und Spediteuren wurden in den vergangenen Jahren zum Teil auf eine harte Probe gestellt. So hätte seitens der Reedereien ein Verdrängungswettbewerb stattgefunden und sie durch „ihre exorbitant erhöhten Raten und die dadurch entstandenen Gewinne“ kleine und größere Spediteure sowie Dienstleister in der vor- und nachgelagerten Logistik aufgekauft, um den  Kunden einen Service wie ein „Integrater“  bieten zu können. Das Verhältnis zu den Reedereien, so Van der Schalk, sei nach wie vor sehr angespannt, zumal der Service der Reedereien „sehr zu wünschen übriglässt“.


Cosco: "Die Kirche im Dorf lassen"


Beim Thema Beteiligung von der chinesischen Reederei Cosco am Terminal Tollerort bezieht van der Schalk klar Stellung: „Wir sollten hier einmal die Kirche im Dorf lassen und nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen.“ Auch wenn man die Problematik der Abhängigkeit von China verstünde, weist Van der Schalk daraufhin, dass es sich bei der Beteiligung nicht um ein „Asset“, sondern um eine Beteiligung an einer Firma handelt. „Ich erinnere gern daran, dass eine Beteiligung an einem Terminal nicht nur die Ladung, sondern auch Arbeitsplätze sichert. Wir sehen keine Sicherheitsbedenken, bei der Beteiligung von Cosco handelt es sich um eine kommerzielle Beteiligung und die sollten wir in einer freien Marktwirtschaft auch den Unternehmen überlassen.“


Abschließend wies van der Schalk noch einmal auf die Notwendigkeit zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland hin. Dazu gehöre über Hafenkooperationen zu diskutieren und darüber zu reden, welche Maßnahmen nötig seien, um den Standort Deutschland in seiner Bedeutung zu erhalten.


Zollabfertigung: "Zwischen zwei Stunden und acht Tagen"


Pay-Andres Lüders, ebenfalls Vorstandsmitglied im VHSp kritisierte das unzureichende System bei der Einfuhrumsatzsteuer: „Viele europäische Länder haben Deutschlands eines voraus. Sie haben ein sogenanntes Verrechnungsmodell. Das bedeutet, dass Importeure die Einfuhrumsatzsteuer, die in jedem europäischen Mitgliedsland zu leisten ist, nicht bezahlen, sondern sie wird mit der Vorsteuer verrechnet. Es finden keine Zahlungen statt und liquide Mittel werden nicht gebunden.“ Anders in Deutschland: Hier muss die Einfuhrumsatzsteuer bezahlt werden, beeinträchtigt die Liquidität und steht beispielsweise für Investitionen oder Begleichung von Rechnungen nicht zur Verfügung, so der Vorwurf. Änderungen bei dem Einfuhrsteuerverfahren, so Lüders, sind in Deutschland kaum möglich: „Alle 16 Bundesländer müssen dem zustimmen und bei immer wieder wechselnden politischen Mehrheiten ein mühseliges Unterfangen“. Und was laut Lüders zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern und Ladungsabwanderung führt.  


Lüders ist auch unzufrieden mit der zu langsamen automatisierten Zollabfertigung, die zu Problemen bei der Planung führe. Insgesamt funktioniere die Abfertigung übers Jahr gut, lediglich aufgrund von Urlaubszeiten „beginnend von Ostern, die gehen dann bis zum Herbst“ variieren die Abfertigungszeiten zwischen „zwei Stunden und acht Tagen“.


Spediteure pessimistischer als im Vorjahr


Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung sind die Unternehmen laut dem aktuellen Konjunkturindikator, der jährlich zur Mitgliederhauptversammlung des VHSp erscheint, pessimistischer aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen noch als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der befragten Unternehmen gehen von sinkenden Umsätzen (VJ 19 Prozent)  aus, nur 18 Prozent rechnen mit mehr (Vorjahr 40 Prozent) bzw. 25 Prozent mit stabilen Umsätzen (VJ 41 Prozent). Auch die Gewinnerwartung fällt nicht sonderlich positiv aus. Nur 13 Prozent (VJ 22 Prozent) erwarten steigende Gewinne, 30 Prozent (VJ 42) der Unternehmen gehen von stabilen Gewinnen aus, jedoch befürchten 54 Prozent (VJ 35 Prozent) sinkende Gewinne, und 2 Prozent gehen sogar von Verlusten für das laufende Geschäftsjahr aus. 

JM/NW

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