Wirtschaftsrat fordert Anpassungen der Energiepolitik für Schleswig-Holstein

Energiepolitik

Wirtschaftsrat fordert Anpassungen für Schleswig-Holstein

Der Landesverband Schleswig-Holstein des Wirtschaftsrats der CDU e.V. sieht noch Anpassungsbedarf für die Energiepolitik mit Blick auf die veränderte energiewirtschaftliche Lage nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges.  „Einem moderaten Winter und unserer internationalen Marktwirtschaft ist es zu verdanken, dass der Energiepreisschock abgeschwächt werden konnte. Dennoch werden strukturelle Verteuerungen allein schon durch einen Umstieg auf LNG bleiben, ohne die ein späterer Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft preislich schwierig werden dürfte. Wir sollten den Pfad dorthin strategisch untermauern, sonst landen wir absehbar im energiewirtschaftlichen Nirwana.“ So Landesvorsitzender Dr. Christian von Boetticher heute in einer Pressemitteilung.

Der Wirtschaftsrat sieht drei Punkte bisher zu wenig beachtet:

1. Eine strukturelle Verdoppelung des Gaspreises trifft neben dem Strompreis noch mehr die Wärmeversorgung, die etwa die Hälfte des Primärenergiebedarfs darstellt. Eine explodierende Nachfrage nach Wärmepumpen vergrößert den Strombedarf nachhaltig.

2. Der Mobilitätsbereich benötigt etwa ein Viertel des Primärenergiebedarfs. Ein Umstieg auf Elektromobilität führt  zu einem strukturell stark erhöhten      Strombedarf.

3. Die Stromerzeugung in Deutschland  wird durch den Ausstieg aus der Kern-  kraft und den erwünschten Ausstieg    aus der Kohle sowie durch die              strukturelle Verknappung des Erdgas-  angebotes dreifach eingeschränkt.

Der Vorsitzende der Landesfachkommission Energiewirtschaft des Wirtschaftsrates in Schleswig-Holstein, Prof. Dr. Stefan Liebing betont: „Es ist vollkommen richtig, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren, aber das wird allein niemals ausreichen, um energiewirtschaftlich bestehen zu können. Unter den aktuell politisch gesetzten Zielsetzungen werden wir auf fossile Energien in den nächsten beiden Jahrzehnten nicht verzichten können. Wenn man C02 als Ursache für einen Klimawandel ernst nimmt, führt gar kein Weg an der Entwicklung und Anwendung sogenannter Carbon-Capture-Verfahren vorbei.“ Daher begrüße man ausdrücklich den Vorstoß des Ministerpräsidenten in dieser Sache und befürworte eine enge Zusammenarbeit mit den skandinavischen Partnern. Eine andere Möglichkeit, den Bedarf an Erdgas und Kohle perspektivisch zu senken, liege in der Nutzung tiefengeothermische Potentiale. Dazu Liebing: „Wir haben es begrüßt, dass diese Potentiale im Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein gewürdigt worden sind. Umso mehr wundern wir uns, dass das Ministerium hierzu noch keine Priorität erkennen lässt.“ Die geologischen Potentiale für eine zukünftig regenerative Wärmeversorgung in Städten mit Wärmenetzen seien in der gesamten norddeutschen Tiefebene günstig. Neben einer Absicherung von Fündigkeitsrisiken durch die öffentliche Hand sollten für eine optimale Nutzung die Vorlauftemperaturen alter Fernwärmenetze deutlich abgesenkt und die Planung neuer Nahwärmenetze entsprechend ausgerichtet werden.


Um den zukünftigen Strompreis im Zaum zu halten, sollte das Land Schleswig-Holstein zudem politisch unterstützen, den Strommarkt zu flexibilisieren und zu regionalisieren. Dazu Liebing: „Da wir eine bundesweite Wälzung der Stromnetzgebühren möglicherweise nicht durchsetzen können und der Leitungsausbau langsamer voranschreitet als die Strommengen wachsen, sollten wir die
Strommärkte zukünftig regionalisieren.“ Ansonsten blieben Länder mit Stärken bei den erneuerbaren Energien diejenigen mit den teuersten Strompreisen. „Falls energietechnisch vorbildliche Länder bestraft werden, verpassen wir eine erfolgreiche Energiewende. Deshalb brauchen wir den Abschied vom fossilen Preiszonenmodell, eine beschleunigte Einführung intelligenter Stromzähler sowie eine Flexibilisierung der Tarife der Versorger in der Fläche."


Ergänzend verweist Liebing auf die Perspektiven, Schleswig-Holstein als
Umschlagplatz für deutsche Importe grüner Energie zu entwickeln: „International arbeitet man sehr intensiv am Hochlauf einer globalen Wasserstoffwirtschaft.“ Um diese Chancen zu nutzen, müsse die Schleswig-Holsteinische Landespolitik internationaler werden, das heißt, die verstärkten außenwirtschaftlichen Aktivitäten der Bundesregierung sind zu unterfüttern und der eigene Standort in den aufkommenden Märkten vorteilhaft zu positionieren. „Wir werden in vielen Teilmärkten sehen, dass fossile Energien schrittweise durch erneuerbare Kraftstoffe oder wasserstoffbasierte Energieträger abgelöst werden.“, so Liebing weiter.


Abschließend fasst der Landesvorsitzende Dr. von Boetticher zusammen: „Es ist vollkommen illusorisch zu glauben, dass wir mit einem beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarfeldern allein eine erfolgreiche Energiewende schaffen können.“ Die Landesregierung sollte daher die wachsenden Lücken im Entwicklungspfad erkennen, kalkulieren, entsprechende Lösungen strategisch einplanen und auf die Schiene setzen.

NW / Quelle: Wirtschaftsrat


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