MINT-Report 2025: Norddeutschland im MINT-Dilemma – Fachkräftemangel bedroht Zukunftsprojekte in ganz Deutschland

Arbeitgeber der M+E-Industrie fordern entschlossene MINT-Offensive

Hamburg/Köln, 21. Mai 205. Der heute veröffentlichte MINT-Frühjahrsreport des Nationalen MINT Forums lässt aufhorchen: 33.000 Fachkräfte fehlen derzeit allein in den fünf norddeutschen Bundesländern in der Metall- und Elektroindustrie (M+E). Bundesweit liegt die Lücke bei 163.600 unbesetzten MINT-Stellen – ein alarmierendes Signal für die gesamte Wirtschaft. Besonders betroffen sind Schlüsselbereiche wie Energie- und Elektroberufe, Maschinen- und Fahrzeugtechnik sowie die IT – Branchen, die für die Transformation hin zu einer klimaneutralen, digitalen und verteidigungsfähigen Zukunft essenziell sind.

Norddeutschland – Innovationsmotor mit Bremsspuren


Gerade im Norden zeigt sich die Tragweite des Problems besonders deutlich. Über 59 Prozent der Beschäftigten in der norddeutschen M+E-Industrie üben Tätigkeiten in MINT-Berufen aus. Sie sind nicht nur Träger der regionalen Wirtschaftsleistung, sondern auch entscheidend für Projekte wie die Energiewende und moderne Infrastruktur. Doch ohne ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte geraten diese Zukunftsprojekte ins Stocken.


33.000 fehlende Fachkräfte allein im Norden – das ist ein massives Hemmnis für Wachstum und Innovation. Die Unternehmen unserer Branche tragen maßgeblich zur Energiewende bei. Damit das so bleibt, brauchen wir tragfähige Rahmenbedingungen für Fachkräftegewinnung, -bindung und -entwicklung“, mahnt Thomas Küll, Mitglied der Geschäftsleitung von NORDMETALL und AGV NORD.


Demografie, Digitalisierung und die doppelte Herausforderung


Der Report zeigt: Der Fachkräftemangel ist nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gravierend. Mit rund 89.600 fehlenden Fachkräften in Ausbildungsberufen, 56.600 fehlenden Akademiker:innen und 17.400 unbesetzten Meister- und Technikerstellen ist der Engpass breit gefächert. Hinzu kommt: Der demografische Wandel, sinkende Absolventenzahlen und neue Anforderungen durch Digitalisierung und Klimaschutz verschärfen die Lage.


„Ohne strukturelle Verbesserungen im Zuwanderungs- und Bildungssystem kann der digitale Strukturwandel scheitern“, warnt Küll. Notwendig sei ein neuer Bildungspakt, der frühzeitig MINT-Kompetenzen fördert, praxisnahe Berufsorientierung ermöglicht und eine Willkommenskultur für internationale Fachkräfte schafft. Dazu gehören auch bessere Bedingungen für Lehrkräfte, moderne Ausstattung in Schulen und verlässliche Ganztagsangebote, die Beruf und Familie vereinbar machen.


MINT: Rückgrat der Transformation – bundesweit


Auch auf Bundesebene ist der Mangel längst ein Standortproblem. Laut IW Köln sind zusätzliche 50.000 MINT-Fachkräfte notwendig, um die Forschungsquote auf 3,5 Prozent zu steigern. Für die geplanten Investitionen in Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz werden weitere Zehntausende benötigt.


Die Bundesregierung verweist im Koalitionsvertrag auf die Bedeutung einer starken Bildungsbasis und plant Maßnahmen wie den Digitalpakt 2.0, eine schnellere Fachkräfteeinwanderung sowie mehr Mittel für die Internationalisierung der Hochschulen. Doch der MINT-Report mahnt: Diese Schritte müssen rasch und ressortübergreifend umgesetzt werden – sonst bleiben sie wirkungslos.

 

Eine Allianz für die Zukunft


Um der Herausforderung wirksam zu begegnen, fordern die Studienautor:innen und die norddeutschen Arbeitgeber eine Allianz aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Ziel muss es sein, entlang der gesamten Bildungskette die MINT-Bildung zu stärken und damit die Fachkräftebasis nachhaltig zu sichern. Im Zentrum stehen dabei der Ausbau frühkindlicher Bildung, eine stärkere Förderung naturwissenschaftlich-technischer Kompetenzen in Schulen sowie eine gezielte und klischeefreie Berufs- und Studienorientierung  – insbesondere für Mädchen und junge Frauen. Auch die Potenziale älterer Erwerbstätiger müssen besser genutzt werden, etwa durch eine gezielte Weiterbildung und attraktivere Rahmenbedingungen für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben.


Darüber hinaus sind berufsbegleitende Studiengänge und akademische Weiterbildungsangebote auszubauen, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Zentrale Bedeutung kommt zudem der Fachkräfteeinwanderung zu: Damit internationale Fachkräfte nicht nur kommen, sondern auch bleiben, braucht es schnellere Verfahren, gezielte Unterstützungsangebote und eine gelebte Willkommenskultur  – insbesondere auch an Hochschulen und Ausbildungsstätten. Nur durch ein solch breites und entschlossenes Bündnis kann es gelingen, die MINT-Fachkräftelücke zu schließen – im Norden ebenso wie im gesamten Bundesgebiet. Denn fest steht: Ohne ausreichende MINT-Kompetenzen sind viele der zentralen Zukunftsprojekte nicht umsetzbar – weder im Klimaschutz noch in der Digitalisierung, weder in der Verteidigung noch in der Innovationspolitik.


Hier geht es zur Studie




JM/NW