Hamburger Zukunftsentscheid: Risiko für Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsklima

Wirtschaft warnt vor starren Klimavorgaben – Handelskammer und Handwerk setzen auf Innovation statt Bürokratie

Hamburg, 16. September 2025. Am 12. Oktober stimmen die Hamburgerinnen und Hamburger über den „Zukunftsentscheid“ ab. Ziel ist es, Klimaneutralität bereits bis 2040 gesetzlich festzuschreiben – fünf Jahre früher als bisher geplant – und mit einem streng linearen CO₂-Reduktionspfad zu verankern. Während die Initiatoren den Volksentscheid als notwendigen Schritt im Klimaschutz sehen, kritisieren die Spitzen der Hamburger Wirtschaft den Ansatz scharf: Er sei praxisfern, bürokratisch und gefährde die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts.


Klimaneutralität als Standortfrage


Für die Initiatoren -  u.a. Fridays for Future Hamburg, der NABU, die Gewerkschaft ver.di und der Mieterverein Hamburg - ist der Weg klar: Hamburg müsse schneller handeln und dürfe beim Klimaschutz keine Zeit verlieren. Doch was für Klimaschützer ein überfälliger Schritt ist, bedeutet für Unternehmen massive Eingriffe in betriebliche Abläufe. Vor allem die vorgesehene Pflicht zu Sofortprogrammen bei Zielverfehlung – unabhängig von parlamentarischer Kontrolle – wird in der Wirtschaft als Unsicherheitsfaktor und potenzielles Investitionshemmnis gewertet.


Handelskammer: Innovation statt Regulierung


Die Handelskammer Hamburg warnt vor zusätzlichen Berichtspflichten, neuen Kontrollen und Verboten, die am Ende zu Betriebsschließungen führen könnten. Die Folgen: ein geschwächtes Investitionsklima und eine nachhaltige Beschädigung der Wirtschaftsaussichten für Hamburg.

Handelskammer-Präses Prof. Norbert Aust betont: „Die Hamburger Wirtschaft hat sich im Rahmen der im Jahr 2020 entwickelten Standortstrategie Hamburg 2040 ambitionierte Klimaziele gesetzt. Die Handelskammer engagiert sich intensiv mit unseren Mitgliedsunternehmen dafür, dass der Wirtschaftsstandort Hamburg international Vorreiter für die Verbindung von Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit wird. Hierbei setzen wir auf unternehmerische Initiative und technologische Innovationen." Und weiter: "Die Handelskammer Hamburg ist ausdrücklich nicht Unterstützerin des Hamburger Zukunftsentscheids. Die von den Initiatoren zur Abstimmung vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sind für die Wirtschaft der falsche Weg. Sie erzeugen ein Korsett aus noch mehr Bürokratie und starren Regulierungen. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Wirtschaft signifikant schwächen. Damit konterkarieren die Initiatoren ihr eigenes Ziel.“


Mit ihrer eigenen Klimastrategie „HAMBURG NET ZERO – Auf dem Weg zur Klimaneutralität die Wettbewerbsfähigkeit stärken“ verfolgt die Handelskammer daher einen anderen Ansatz: Klimaschutz durch Investitionen, Innovationen und Flexibilität – nicht durch starre Gesetze.


Handwerkskammer: Realismus statt Symbolpolitik


Auch das Hamburger Handwerk warnt vor den Folgen des Zukunftsentscheids. Präsident Hjalmar Stemmann betont, dass Klimaneutralität ohne das Handwerk technisch nicht möglich sei. Zugleich fordert er mehr Realismus: Ein starrer CO₂-Pfad gehe an der betrieblichen Praxis vorbei. Stattdessen brauche es flexible Reduktionsziele, die technische Meilensteine berücksichtigen, sowie langfristige Förderprogramme, die Planungssicherheit schaffen. Hektische Sofortmaßnahmen ohne parlamentarische Kontrolle führten dagegen nur zu Verunsicherung. Ebenso wichtig seien eine realistische Zeitplanung auf Basis verfügbarer Fachkräfte und Technik sowie eine kontinuierliche Abwägung der wirtschaftlichen Auswirkungen.

Stemmanns Fazit: „Der Zukunftsentscheid ist gut gemeint, aber nicht umsetzbar. Er überfordert Betriebe, schafft Unsicherheit und gefährdet die Akzeptanz für Klimapolitik.“


Standort unter Druck


Für die Hamburger Wirtschaft geht es beim Zukunftsentscheid weniger um die Zielrichtung als um die Machbarkeit. Zu enge Vorschriften, so die Sorge, könnten Investitionen bremsen, Wertschöpfung ins Ausland verlagern und damit Hamburgs Rolle als internationaler Wirtschafts- und Logistikstandort schwächen.

JM/NW