„Ich will später etwas bewegen“

Bremer Jugendstudie zeigt Optimismus, Führungsambitionen und Diskrepanzen zu den Erwartungen der Betriebe

Bremen, 28. August 2025. Wie blicken junge Menschen in Bremen und Bremerhaven auf ihre berufliche Zukunft? Eine neue Studie von NORDMETALL und der NORDAKADEMIE-Stiftung hat knapp 700 Schülerinnen und Schüler befragt – und die Antworten von 44 regionalen Unternehmen daneben gestellt. Das Ergebnis: Die Jugend ist optimistisch, ehrgeizig und offen für Industriearbeitsplätze, doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen teils große Lücken.

Wenn sich Lisa (17) ihren späteren Beruf vorstellt, fallen ihr drei Dinge ein: „Er soll sinnvoll sein, gut bezahlt – und ich will dabei etwas bewegen können.“ Mit dieser Haltung ist sie nicht allein. Fast 700 Schülerinnen und Schüler aus Bremen und Bremerhaven haben in der neuen Jugendstudie von NORDMETALL und der NORDAKADEMIE-Stiftung Auskunft über ihre Vorstellungen von Arbeit und Zukunft gegeben. Ergänzt wurden die Antworten durch Einschätzungen von 44 regionalen Unternehmen, überwiegend aus der Metall- und Elektroindustrie.


Das Ergebnis: Die Bremer Jugend ist zuversichtlich, traditionell in ihren Werten – und erstaunlich ehrgeizig, wenn es um Führungsverantwortung geht. Gleichzeitig zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Erwartungen der jungen Menschen und dem, was Betriebe von ihnen verlangen.


Tradition trifft Teamgeist

Auf die Frage, welche Eigenschaften im Berufsleben unverzichtbar sind, nennen die Schülerinnen und Schüler vor allem Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Damit knüpfen sie an klassische Tugenden an. Die Betriebe hingegen betonen stärker Arbeitsmotivation und Teamfähigkeit. Während Jugendliche also vor allem auf Verlässlichkeit setzen, erwarten Arbeitgeber Einsatzbereitschaft und Kooperation.


Streitpunkt Schule

Besonders groß sind die Unterschiede bei der Bewertung schulischer Fächer. Deutsch, Mathematik und Englisch gelten aus Sicht der Wirtschaft als Schlüssel für Ausbildung und Beruf. Bei den Jugendlichen selbst genießen diese Fächer aber deutlich weniger Anerkennung. Auffällig ist vor allem das Fach Deutsch: Während 98 Prozent der Betriebe seine Bedeutung betonen, schätzt nur rund ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler es ähnlich hoch ein. Auch Wirtschaftslehre, Physik und Informatik werden von den Jugendlichen gering bewertet – trotz hoher Relevanz für die Unternehmen.


Wunschberufe und Realität

Gefragt nach interessanten Berufsfeldern, liegen bei den Jugendlichen Projektmanagement, Forschung & Entwicklung sowie Marketing und Verkauf vorne. Die Betriebe suchen jedoch dringend Personal in Reparatur, Instandhaltung und Lagerarbeit – Felder, die für die Jugendlichen nur selten attraktiv erscheinen. Dieses Missverhältnis zeigt, dass berufliche Träume und tatsächlicher Bedarf in der Praxis noch auseinanderklaffen.


Erwartungen an Job und Einkommen

Klar ist, was die Jugendlichen von ihrem Beruf erwarten: eine gute Bezahlung, Spaß bei der Arbeit, Sicherheit und Sinn. Dabei unterschätzen sie allerdings die realen Verdienstmöglichkeiten in der Metall- und Elektroindustrie deutlich – sowohl beim Ausbildungsgehalt als auch beim späteren Durchschnittseinkommen.


Studium, duales Studium oder Selbstständigkeit?

Nach dem Abitur wollen 40 Prozent ein klassisches Studium aufnehmen. Fast ein Viertel zieht ein duales Studium in Betracht – die Hälfte ist hier aber noch unentschieden. Weitere 20 Prozent können sich ein Auslandsjahr oder eine Selbstständigkeit vorstellen. Für NORDMETALL und die NORDAKADEMIE ist das duale Studium ein zentrales Angebot, um junge Menschen praxisnah und akademisch zugleich auszubilden.


Wer prägt die Berufswahl?

Praktika sind für 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler der wichtigste Orientierungspunkt. Auch die Familie spielt mit 53 Prozent eine große Rolle, gefolgt von sozialen Medien. Doch die Einschätzungen über die schulische Berufsorientierung gehen auseinander: Während knapp die Hälfte der Jugendlichen sie als „gut“ bewertet, zeigen sich die Unternehmen deutlich kritischer. Kein Betrieb hält sie für „sehr gut“.


Viel Optimismus – und Führungswillen

Trotz aller Unterschiede: Die Bremer Jugend schaut optimistisch nach vorn. Fast 90 Prozent blicken zuversichtlich auf ihre Zukunft, knapp die Hälfte strebt eine Führungsposition an. Jungen äußern diesen Anspruch häufiger als Mädchen. Bei der Arbeitszeit wiederum zeigt sich ein anderes Bild: Während 76 Prozent der Jungen Vollzeit bevorzugen, wünschen sich viele Mädchen Flexibilität zwischen Voll- und Teilzeit.


Stimmen aus Wirtschaft und Wissenschaft

„Praktika sind ein Schlüssel für den Berufseinstieg, Eltern wichtige Wegbegleiter. Zudem sollte Bremen nach dem Vorbild anderer Bundesländer Informatik als Schulfach stärken“, sagt Thomas Küll von der NORDMETALL-Geschäftsleitung. „Erfreulich ist: Fast 90 Prozent der Jugendlichen schauen optimistisch nach vorn – und fast die Hälfte will Verantwortung übernehmen.“


Prof. Dr. Stefan Wiedmann, Präsident der NORDAKADEMIE, ergänzt: „Die Bremer Wirtschaft trifft auf eine Generation mit Gestaltungswillen und Zukunftsorientierung. Gerade in IT und Technik können wir junge Menschen frühzeitig für die Berufsbilder von morgen begeistern und gezielt für die Bedarfe der regionalen Wirtschaft qualifizieren.“


Weitere Details der Studie finden Sie hier.
 


Quelle: NORDMETALL

JM/NW