Kiel setzt Maßstäbe bei Landstrom: Hafen kann sieben Schiffe gleichzeitig versorgen

Mit der Inbetriebnahme einer zweiten Kreuzfahrtanlage am Ostseekai schließt Kiel den Ausbau seiner Landstrominfrastruktur ab. Der Hafen gilt europaweit als Vorreiter – ein Modell, das auch international Schule macht.


Hamburg/Kiel, 8. September 2025. Der Kieler Hafen hat den letzten Bauabschnitt seiner Landstrominfrastruktur abgeschlossen – und gehört nun zu den Häfen mit der umfangreichsten Ausstattung weltweit. Ab sofort können am Ostseekai zwei Kreuzfahrtschiffe parallel Strom beziehen, insgesamt lassen sich in Kiel nun bis zu drei Kreuzfahrtschiffe und vier Fähren gleichzeitig mit emissionsfreiem Landstrom versorgen. „Mit dieser Inbetriebnahme schließen wir als Hafen den Aufbau unserer Landstrominfrastruktur ab“, sagte  Hafenchef Dirk Claus. Rund 50 Millionen Euro hat die SEEHAFEN KIEL GmbH & Co. KG in den vergangenen Jahren investiert, allein 2024 konnten so bereits 60 Prozent der Emissionen während der Liegezeiten eingespart werden.

Landstrom als Schlüssel zur Energiewende in Häfen


Landstrom gilt als eine der wichtigsten Technologien, um Emissionen in Häfen zu reduzieren. Statt während der Liegezeiten ihre Hilfsdiesel laufen zu lassen, schließen Schiffe ihre Stromversorgung an das örtliche Netz an – im Falle Kiels sogar an 100 Prozent Ökostrom. So werden nicht nur CO₂-Emissionen, sondern auch Stickoxide, Schwefel und Feinstaub vermieden. Die Umrüstung erfordert allerdings sowohl auf Seiten der Häfen als auch der Reedereien hohe Investitionen.

Ausbau der Infrastruktur Schritt für Schritt

Der Aufbau der Landstromanlagen in Kiel erfolgte in mehreren Etappen: 2019 startete die erste Anlage am Norwegenkai (4,5 MVA, 50 Hz, 10 kV), 2021 folgte eine kombinierte Anlage am Ostseekai für Kreuzfahrtschiffe (16 MVA, 50/60 Hz, 6,6/11 kV) sowie am Schwedenkai für Fährschiffe (5 MVA, 50/60 Hz, 6,6/11 kV). 2023 wurde am Frachthub Ostuferhafen eine weitere Anlage in Betrieb genommen, die vier Liegeplätze technisch erschließt und neben einem Kreuzfahrtschiff bis zu zwei Fähren versorgen kann (Kombianlage 16 MVA & 4,5 MVA). Mit der jetzt eingeweihten zweiten Ostseekai-Anlage (ebenfalls 16 MVA, 50/60 Hz, 6,6/11 kV) ist der Ausbau abgeschlossen. Damit zählt Kiel heute zu den leistungsfähigsten Landstrom-Häfen weltweit. Ziel ist es, die eigenen CO₂-Emissionen bis spätestens 2030 vollständig zu eliminieren – ein ehrgeiziger, aber notwendiger Beitrag zur maritimen Energiewende.

Signal über Kiel hinaus


Mit der neuen Doppelanlage am Ostseekai setzt Kiel ein Signal, das weit über die Ostsee hinaus wirkt: Landstrom ist keine Nischenlösung mehr, sondern wird zunehmend zum Standard in der maritimen Branche. „Das ist ein starkes Zeichen für die maritime Energiewende“, betonte Claus. „Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz im Hafenbetrieb möglich ist – und dass er sich lohnt.“


Blick über den Tellerrand


Während Kiel nun eine der leistungsfähigsten Landstrom-Infrastrukturen Europas bietet, gehen auch andere Häfen voran: Oslo und Bergen setzen seit Jahren auf Landstrom, um die Fjorde vor Abgasen zu schützen. In Los Angeles und Long Beach ist der Anschluss für bestimmte Schiffsklassen sogar Pflicht. Rotterdam und Antwerpen investieren massiv, um bis 2030 die EU-Vorgaben zu erfüllen. Kiels Modell zeigt, dass auch ein vergleichsweise kleiner Hafen international Maßstäbe setzen kann.

JM/NW