Norddeutschlands Wirtschaft mahnt Tempo an:  „Reformen dürfen nicht weiter verschleppt werden“

UVNord, IVH und Bundesbank diskutieren Konjunkturaussichten für 2026 – klare Signale an Politik in Berlin und Hamburg


Hamburg, 24. November 2025. Die deutsche Wirtschaft befindet sich auch 2025 in schwierigen Gewässern: schwache Wachstumsimpulse, anhaltende globale Unsicherheiten und strukturelle Standortprobleme setzen Unternehmen spürbar unter Druck. In diesem Umfeld haben UVNord und der Industrieverband Hamburg (IVH) gemeinsam mit der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank ihre „Konjunkturperspektiven 2026“ in Hamburg vorgestellt – und dabei klare Erwartungen an die Politik formuliert.


Die Veranstaltung brachte hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Notenbank zusammen. Die Kernbotschaft: Die wirtschaftspolitische Zurückhaltung gefährdet Wettbewerbsfähigkeit und industrielle Wertschöpfung im Norden. „Unsicherheiten sind das neue Normal“ – Bundesbank mahnt robuste Antworten an Uwe Nebgen, Präsident der Bundesbank-Hauptverwaltung Hamburg, betonte die wachsenden geopolitischen Risiken und ihre Bedeutung für Unternehmen: „Unser Alltag ist von bislang nicht gekannten Unsicherheiten geprägt“, sagte Nebgen. Lieferkettenabhängigkeiten müssten kritisch geprüft werden. „Es ist die Aufgabe von Politik und Unternehmen, derartige Unsicherheiten zu erkennen, um dafür zukunftsgerichtete Antworten zu finden.“


UVNord fordert Umsetzung des Reformherbstes – „Keine Rosinenpickerei“


Dr. Philipp Murmann, Präsident von UVNord, übte deutliche Kritik an der stockenden Reformpolitik der Bundesregierung. „In Berlin muss der Reformherbst zügig umgesetzt werden – auch bei der Rente“, so Murmann. Verabredetes müsse eingehalten werden, und die neue große Koalition dürfe nicht in die Konfliktmuster der früheren Ampel verfallen. Besonders die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei überfällig: „Es darf keine Rosinenpickerei geben: Rente ja, Arbeitszeit zementieren – das geht nicht.“ Murmann forderte umfassende Strukturreformen, eine Entlastung der Wirtschaft von Bürokratie und Regulierung sowie eine Abkehr von überzogenen Nachhaltigkeitsregulierungen: „Die Taxonomie war wahrscheinlich der größte Fehler Brüssels.“ Mit Blick auf Hamburg warnte er vor einer Erosion industrieller Wertschöpfung und sprach sich deutlich für die Aufhebung des sogenannten Zukunftsentscheids aus.


Globale Perspektive: Weltwirtschaft stabil – aber Grundprobleme ungelöst

Dr. Johannes Hoffmann von der Bundesbank ordnete die internationalen Konjunkturaussichten ein. Trotz verschärfter Handelskonflikte halte sich die Weltwirtschaft bislang stabil: „Die Aussichten für die nächsten Monate scheinen nicht schlecht“, so Hoffmann. Die regelbasierte Welthandelsordnung jedoch habe „erheblich Schaden genommen“. Hinzu kämen strukturelle Herausforderungen wie hohe Staatsverschuldung, schwache Produktivität und der Klimawandel.


IfW: Finanzpolitik ohne Wirkung – Strukturreformen fehlen

Kritik an der deutschen Wirtschaftspolitik äußerte Prof. Dr. Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft: „Die Finanzpolitik öffnet die Schleusen, eine standortstärkende Agenda steht aber weiterhin aus“, sagte Kooths. Staatsdefizite könnten die Wirtschaft nur kurzfristig stimulieren. Ohne tiefgreifende Reformen drohe die Wachstumsschwäche zu bleiben: „Der Ausblick auf 2026 bietet der Wirtschaftspolitik keinerlei Anlass, sich bestätigt zu fühlen.“

IVH: Hamburger Industrie am Limit – „Schwere Bürde für Betriebe“


Ein ernüchterndes Fazit für den Industriestandort Hamburg zog der IVH Vorsitzende Andreas Pfannenberg: „Ihr Versprechen, die Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige und wachsende Volkswirtschaft zu schaffen, hat die Koalition bislang nicht eingelöst – weder in Hamburg noch in Berlin.“ Überbordende Bürokratie und hohe Belastungen lägen wie Bleigewichte auf Investitionen. Als besonders problematisch bezeichnete Pfannenberg das Vorziehen der Hamburger Klimaneutralität:  „Es ist eine schwere Bürde für viele Industriebetriebe und sollte schnell rückgängig gemacht werden.“

Quelle: UVNord

JM/NW