Rheinmetall übernimmt Marinesparte NVL von Lürssen

Die traditionsreiche Werftengruppe zieht sich aus dem militärischen Schiffbau zurück und fokussiert sich auf Megayachten – Rheinmetall steigt mit der Übernahme der NVL zum Komplettanbieter im Marinesektor auf.

Bremen/Düsseldorf, 15. September 2025. Die Bremer Werftengruppe Lürssen verkauft ihre Marinesparte NVL (Naval Vessels Lürssen) an den Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall. Beide Unternehmen bestätigten am Montag die Einigung über die wesentlichen Bedingungen der Transaktion. Vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden soll die Übernahme Anfang 2026 abgeschlossen werden. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Mit dem Schritt zieht sich die traditionsreiche, familiengeführte Lürssen-Gruppe künftig vollständig aus dem militärischen Schiffbau zurück und konzentriert sich auf ihr Kerngeschäft: den Bau ziviler Megayachten. „Insbesondere vor dem Hintergrund der verschärften Bedrohungslage halten wir eine Konsolidierung innerhalb der Verteidigungsindustrie für notwendig und sinnvoll. Mit dem Verkauf der NVL an Rheinmetall schaffen wir nun die Voraussetzung für einen leistungsfähigen Defence-Champion mit breit gefächerter Systemkompetenz“, sagte Friedrich Lürßen, geschäftsführender Gesellschafter.


Auch sein Vetter Peter Lürßen betonte, wie wichtig die Perspektive für die Belegschaft sei: „Uns ist es wichtig, unsere Marinesparte, unser technologisches Know-how und vor allem die rund 2.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NVL in gute und verlässliche Hände zu geben.“


Von der Yachtwerft zum Marinespezialisten


Die Wurzeln von Lürssen reichen bis ins Jahr 1875 zurück. Heute zählt die Gruppe mit rund 4.100 Beschäftigten weltweit zu den renommiertesten Werftunternehmen. Während die Yachtsparte mit etwa 2.000 Mitarbeitenden international für den Bau und die Reparatur luxuriöser Megayachten bekannt ist, wurde die Marinesparte 2021 in die eigenständige NVL-Gruppe überführt. Diese betreibt vier Werften in Norddeutschland – darunter die traditionsreiche Hamburger Blohm+Voss – und gilt als Pionier bei der Entwicklung autonomer Überwassersysteme. Seit ihren Anfängen hat NVL rund 1.000 Schiffe gebaut und weltweit an über 50 Marinen und Küstenwachen ausgeliefert.


Rheinmetall erweitert sein Portfolio


Rheinmetall wiederum ist seit über 130 Jahren einer der wichtigsten deutschen Rüstungskonzerne. Bekannt wurde das Unternehmen insbesondere durch seine Heerestechnik, darunter Kampfpanzer, Artilleriesysteme und militärische Fahrzeuge. In den vergangenen Jahren weitete Rheinmetall sein Engagement jedoch zunehmend auf andere Domänen aus. „Künftig werden wir zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum ein relevanter Akteur sein. Rheinmetall entwickelt sich damit zum domänenübergreifenden Systemhaus“, erklärte Konzernchef Armin Papperger.


Mit der Übernahme von NVL steigt Rheinmetall nun zum Komplettanbieter im Marinesektor auf. Die Standorte und Mitarbeitenden der Werftengruppe sollen vollständig übernommen und als eigenständige Division weitergeführt werden. „Mit der jetzt vereinbarten Übernahme treiben wir die Konsolidierung der Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa entscheidend voran. In Verbindung mit den Rheinmetall-Kompetenzen schaffen wir ein vitales deutsches Kraftzentrum für hochmoderne Überwasserschiffe – ein Powerhouse“, so Papperger.


Signal für die deutsche Verteidigungsindustrie


Der Zusammenschluss ist mehr als eine bloße Übernahme: Er gilt als Signal für die lange geforderte Konsolidierung im fragmentierten deutschen Rüstungssektor. Angesichts steigender Verteidigungsbudgets und wachsender geopolitischer Spannungen wollen die Unternehmen ihre Kräfte bündeln. Rheinmetall plant, die maritimen Kompetenzen von NVL mit eigenen Technologien wie Sensoren, Effektoren oder Schutzsystemen zu verzahnen und so Komplettlösungen aus einer Hand anzubieten.


Zugleich bringt der Kauf industrielle Synergien: Mit seinen Fahrzeugwerken in Kiel und Flensburg verfügt Rheinmetall bereits über eine starke Präsenz in Norddeutschland. Durch die NVL-Werften erweitert der Konzern nun seine Fertigungskapazitäten, ohne umfangreiche Neubauten realisieren zu müssen.


Die Bedeutung für die nationale Sicherheit betonten beide Seiten. „Nur so lässt sich eine schnelle Wehrfähigkeit unseres Landes sicherstellen“, sagte Friedrich Lürßen. Papperger ergänzte: „Wir schaffen ein Powerhouse der Marine in Deutschland.“

JM/NW