Rot-Grün für weitere fünf Jahre
Große Worte, kleine Wirkung: Hamburgs Bürgermeister bleibt vage
Von: Peter Axel Haas
Hamburg, 27. Mai 2025. Gute Laune verbreiten, ambitionierte Ideen verkünden, mit kräftigem Selbstlob nicht geizen – das waren offenbar die selbstgesetzten Ziele von Peter Tschentscher in seiner Regierungserklärung Ende Mai. So richtig gelingen wollte dem Ersten Bürgermeister Hamburgs der agile Auftakt seiner dritten Amtszeit von fünf Jahren allerdings nicht: Zu trocken der Vortrag, zu gekünstelt der Optimismus und vor allem zu vage der Inhalt.

Zum Beispiel bei der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik: Die massive Fehlfokussierung auf die Idee der „Fahrradstadt“ gilt unverändert, schon weil der verantwortliche Senator Anjes Tjarks im Amt bleibt und seine Zuständigkeiten behält, auch für die nicht funktionierende Baustellenkoordination. Zwar gibt es ein Moratorium für den wirtschaftsfeindlichen Parkplatzabbau bis ein „Masterplan Parken“ steht, verkündete Tschentscher. Aber natürlich wird dieser Stellplatz-Leitfaden unter Federführung derer in Senat und Bezirken erstellt, die bisher die Vernichtung tausender Stellplätze vorangetrieben haben – Ergebnis absehbar.
Die A 26 Ost quer durch den Hafen soll immerhin kommen, versprach der Bürgermeister. Dass die angestrebten Beschleunigungen des Planungsrechts durch Stichtagsregeln für Einwendungen und Einschränkungen des Verbandsklagerechts die grünen Vorfeldorganisationen aber daran hindern werden, das wichtige Projekt jahrelang durch Klagen zu verzögern, ist unwahrscheinlich. Schon kündigte die frischgebackene Umweltsenatorin Katharina Fegebank in einem ansonsten fröhlich-unverbindlichen Interview an, dass die Autobahn der Wasserstoffwirtschaft nicht Entwicklungs-möglichkeiten nehmen dürfe. Und natürlich müsse die Altlastensanierung an der Hohen Schaar mitten im Hafen so vorgenommen werden, dass „unser kostbares Grundwasser“ vor Boden-Verunreinigungen geschützt werde, so die Zweite Bürgermeisterin – schöne Einfallstore zur Baublockade.
Bei der so bedeutenden Erneuerung der Köhlbrandquerung streben Tschentscher und seine Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard ein Planfeststellungsverfahren bis 2030 an - dann erst soll gebaut werden können, viel zu spät für die Hafenlogistik. Die bräuchte auch dringend eine Erneuerung der maroden Kaimauern, von deutlich dreistelligen Millionensummen spricht die Hafenwirtschaft. Tschentscher ließ in der Bürgerschaft offen, ob er dies aus Hamburger Mitteln stemmen kann, kündigte stattdessen 30 Milliarden für die gesamte Infrastrukturerneuerung von Straßen, Brücken, Schienen, Logistikflächen, Hafenbahn, U-Bahn- und S-Bahnbau sowie Energie- und Datennetzen und eben auch Kaimauern an – dass das die teilweise über 100 Jahr alten, bröckelnden Begrenzungen der Hafenbecken rettet, ist eher unwahrscheinlich. Und ob der Bund mit seinem 500 Millionen-Investitionsprogramm einspringt, wie es auch Hamburger Bundestagsabgeordnete von CDU und SPD fordern, ist derzeit nicht abzusehen. Klar scheint immerhin eine Absage: Der im Wahlkampf von SPD und Grünen noch geforderte Bau eines neuen Verbindungsentlastungstunnels (VET) zur Modernisierung des meistgenutzten Hauptbahnhofs Deutschlands in Hamburg fehlte in der Regierungserklärung – „unambitioniert“ kritisierte die Opposition.
Eine weitere Schwachstelle in Tschentschers Senatsbildung nahmen Handelskammer und Wirtschaftsverbände ins Visier: Die Energiepolitik bleibt in der Umweltbehörde, statt in die Wirtschaftsbehörde zu wechseln, wo sie naturgemäß hingehören würde. Umweltsenatorin Katharina Fegebank sieht das als Chance, die Wirtschaft aber fürchtet, dass nicht etwa die Senkung der besonders hohen Strompreise im Fokus ihrer Politik stehen wird, sondern die Klimaverträglichkeit
Immerhin eine bedeutsame Neuerung sieht die neue Zuständigkeitsverteilung im Senat vor, mit der der Bürgermeister besonders gern hausieren geht: Künftig will die Senatskanzlei die Planungs-beschleunigung zentral koordinieren, Bürokratieabbau wird in Hamburg damit endlich Chefsache. Jetzt müssten der in Aussicht gestellte Abbau von Berichts- und Dokumentationspflichten sowie die vereinfachten und reduzierten Umweltverträglichkeitsprüfungen nur tatsächlich auch kommen. Wenn dem alten und neuen Bürgermeister das gelänge, hätte zumindest die Hamburger Wirtschaft mit Sicherheit gute Laune.
Peter Axel Haas