Versunkene Schaetze geborgen

Versunkene Schätze geborgen 

Die Öffentlichkeit kann die Schätze ab dem 1. Juni 2023 im Museum bewundern.

Von: Stefan Lipsky

Hamburg, 4. Mai 2023. Vier Kieler Taucher haben in monatelanger Arbeit über 350 Teile des ehemaligen Tafel-Silbers des Hamburger Passagierschiffs „Monte Olivia“ im Kieler Hafen geborgen. Die Schätze wurden am 3. Mai vom Forschungstaucher Robert Pinto de Kraus, Philipp Oetker und dem Museums-Vorstand Jan Tersteegen der Öffentlichkeit im Internationalen Maritimen Museum in Hamburg präsentiert.


„Mitten im Kieler Hafen, hundert Meter vom Land und in nur 15 Metern Tiefe haben wir nach einem verlorenen Fischernetz gesucht und sind auf das wunderbare Tafelsilber des früheren Hamburg-Süd- Passagierschiffs „Monte Olivia“ gestoßen,“ so Taucher Hubert Pinto de Kraus.

Die „Monte Olivia“ wurde 1925 für die Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts Gesellschaft (HSDG), kurz Hamburg Süd genannt, als Passagierschiff für 2.528 Passagiere und 369 Besatzungsmitglieder in Dienst gestellt und am 3. April 1945 in Kiel als Marine-Wohnschiff von britischen Bombern versenkt und im Jahr darauf Stück für Stück verschrottet.


Früher, nebliger Morgen, am 30. August 2022, als sich vier Taucher der Forschungstauchervereinigung Scientific Diving Association (SDA) aufmachen, um verlorene Fischernetze, sogenannte „Geisternetze“, zu suchen. An diesem Tag wollen die Taucher der Meldung eines Anglers nachgehen, der berichtet, dass er stets an der gleichen Stelle im Kieler Hafen, mit seinen Angelhaken hängen bleibt.


8.17 Uhr: Das erste Tauchteam lässt sich rückwärts von seinem Boot in die Ostsee fallen. Nach einer knappen Stunde geben die Taucher das Signal zum Auftauchen. Beide haben alle Hände voll. Aber es sind keine Netze, sondern Gegenstände aus Metall. Das Erste was sie von sich geben ist: „Der ganze Ostseegrund liegt hier voll mit Schrott“!


Dem erfahrenen Forschungs- und Wracktaucher Hubert Pinto de Kraus fallen auf den ersten Blick die Stempel auf den Gegenständen auf. Es handelt sich um die Insignien „HSDG“. Diese kennt er vom Schiffswrack der „Cap Arcona“.

Der Stempel der HSDG befindet sich, so weiß Hubert Pinto de Kraus, nur auf wertvollem Silbergeschirr und Besteck. Die „Cap Arcona“ wurde am 3. Mai 1945 mit rd. 5.000 KZ-Häftlingen an Bord, nahe Neustadt in der Lübecker Bucht, von britischen Jagdbombern versenkt.

Doch wie kommt das vermeintliche Silber auf den Grund der Ostsee? Recherchen ergeben, dass genau an dieser Stelle, die „Monte Olivia“ der Hamburg Süd durch Bombentreffer versenkt wurde. Beim Zerlegen des Schiffes ging dann wohl ein Großteil, der sich im Schiff befindlichen Ausstattung und Ladung, über Bord.


Es vergehen acht Wochen bis sich das Taucher-Team aufmachen kann, um der Sache weiter nachzugehen. Als Mitte Oktober erneut am Ort der Untergangsstelle getaucht wird, ist schnell klar, dass sich hunderte Gegenstände aus Silber und weitere Beifunde aus dem Schiff auf dem Meeresgrund befinden.


Kurios ist auch der Fund eines Motorrads aus dem zweiten Weltkrieg, welches sich ebenfalls zwischen den vielen Gegenständen befindet. Bereits bei diesem ersten gezielten Taucheinsatz können rund 30 Gegenstände geborgen werden.


Auch wenn einzelne Gegenstände aus der Vergangenheit der Hamburg Süd im Internet hoch gehandelt werden, liegt eine kommerzielle Vermarktung der Objekte nicht im Interesse der ehrenamtlich arbeitenden Taucher. Nach einer Kontaktaufnahme mit der Hamburg Süd bzw. der Familie Oetker, weiß Hubert Pinto de Kraus, dass sich alle wichtigen Artefakte und Archivalien der Hamburg Süd im Internationalen Maritimen Museum Hamburg befinden.


Bis zum 03.Mai 2023 konnten nahezu alle Gegenstände geborgen werden. Damit haben die potentiellen Plünderer und Schatzräuber keine Chance mehr auf eine schnelle Beute.


„Monte Olivia“ - Die 159,70 m lange und 20,10 m breite „Monte Olivia“ lief am 28. Oktober 1924 bei Blohm & Voss vom Stapel. Nach ihrer Indienststellung 1925 machte sie ihre Jungfernreise nach Montevideo und Buenos Aires. Anschließend setzte die Hamburg Süd das Schiff erfolgreich für Kreuzfahrten ein. Auf zwei touristischen Nordkapreisen im Herbst 1925 wurden rd. 3.100 Passagiere befördert. Nach Kriegsausbruch am 1. September 1939 gelang der „Monte Olivia“ im Oktober 1939 aus dem brasilianischen Santos heimkehrend, der Blockadedurchbruch nach Hamburg. Fast alle deutschen Schiffe wurden 1939 von der Marine erfasst und durch sie für verschiedene Zwecke als Transporter, Hilfskriegsschiff, Wohnschiff etc. herangezogen. Ab 1940 bis kurz vor Kriegsende 1945 wurde die „Monte Olivia“ zuerst als Wohnschiff für die deutsche Kriegsmarine eingesetzt und dann zum Lazarettschiff umgebaut. Nach mehreren Bombentreffern, die neben dem Schiff niedergingen und die Bordwand aufgerissen hatten, kenterte sie am 3. April 1945 im Scheerhafen in Kiel. Die gesamte Besatzung der „Monte Olivia“ befand sich zum Zeitpunkt des Angriffs in einem Luftschutzbunker. Die „Monte Olivia“ wurde 1946 gehoben, abgewrackt und verschrottet.

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