Dr. Nico Fíckínger, Hauptgeschäftsführer der norddeutschen Arbeitgeberverbände NORDMETALL und AGV NORD, zeigt sich vom Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Hamburg enttäuscht: „Seit zehn Jahren versprechen die bekannten Koalitionäre, Hamburg zu einer modernen und wirtschaftsstarken Stadt zu machen. Doch trotz massiver Mängel, etwa bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten und der Baustellenkoordination, setzt Rot-Grün mehrheitlich auf ein Weiter so – inhaltlich und personell. Das ist zu wenig, um Hamburg in schwierigen Zeiten als Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig zu halten. SPD und Grünen fehlt der Mut zu einem echten Neustart.“
Als bedeutsame Neuerung hebt der Arbeitgebervertreter hervor, dass künftig die Senatskanzlei immerhin die Planungsbeschleunigung zentral koordinieren will. „Bürokratieabbau ist in Hamburg endlich Chefsache. Damit hebt sich der neue Koalitionsvertrag wohltuend von früheren Vereinbarungen ab. Nun müssen der in Aussicht gestellte Abbau von Berichts- und Dokumentationspflichten sowie die vereinfachten und reduzierten Umweltverträglichkeitsprüfungen auch tatsächlich kommen“, fordert Fíckínger.
„Wenn SPD und Grüne die Sozialpartnerschaft im Koalitionsvertrag vollmundig als tragende Säule für den gesellschaftlichen Frieden bezeichnen, sollten sie konsequenterweise auch die Tarifautonomie respektieren und es Arbeitgebern und Gewerkschaften überlassen, die Arbeitsbedingungen eigenständig zu regeln“, so Fíckínger weiter. „Eine neue ,Gute-Arbeit‘-Kampagne, Tariftreuegesetze und Mindestlöhne widersprechen diesem Ziel. Wir hoffen sehr, dass unter Senatorin Dr. Melanie Leonhard die neu zugeschnittene Behörde für Wirtschaft, Arbeit und Innovation die Misstrauenskultur gegenüber den Unternehmen, die der Koalitionsvertrag an dieser Stelle noch atmet, beendet und die Hamburger Industrie als unerlässlichen Partner für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit anerkennt.“
Anders Prof. Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg: „Der Koalitionsvertrag beschreibt sehr genau, wie wir in Hamburg leben wollen. Die Antworten, wovon wir leben wollen, bleiben vage. Gerade vor dem Hintergrund weltweiter Krisen und des strukturellen Reformbedarfs in Deutschland: Wir stehen für eine konstruktive Zusammenarbeit zur Stärkung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit bereit.“
DIE FAMILIENUNTERNEHMER in Hamburg werten Koalitionsvertrag als „moderaten Aufbruch“. Landesvorsitzender Sven Höppner: „SPD und Grüne setzen richtige Schwerpunkte, dennoch fehlt es an Ambition.“
Der gestern vorgestellte Koalitionsvertrag von SPD und Grünen enthält aus Sicht der Familienunternehmer viele richtige Ankündigungen, auch wenn es in Teilen noch an Ambitionen und konkreten Zielen mangelt.
Der Landesvorsitzende Sven Höppner: „Wir begrüßen den klaren Fokus auf Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung. Beides ist elementar, um Hamburgs Verwaltung schneller und beweglicher zu machen. Auch die geplante Stärkung des Wissenschafts- und Technologiestandorts ist ein positives Signal an alle innovativen Betriebe, die sich hier ansiedeln oder wachsen wollen. Doch leider mangelt es im gesamten Vertrag an Verbindlichkeit. Konkrete Zielzahlen, Zeitpläne oder messbare Erfolgsindikatoren fehlen leider oft. Umso mehr kommt es auf den politischen Willen zur Umsetzung an.
Das klare Bekenntnis zum Bau der A26 und damit zur Verkehrsentlastung sorgt bei vielen Bürgern und Unternehmern für Erleichterung. Auch der Masterplan Parken nährt die Hoffnung, dass die Koalition endlich wieder den Wirtschaftsverkehr in den Blick nimmt – ein notwendiges Signal an Handwerk, Logistik und Dienstleister in der Stadt.
Trotz der Aufbruchssignale hätten wir uns mehr Mut bei der wirtschaftlichen Entlastung gewünscht. Hamburgs Betriebe tragen eine der höchsten Gewerbesteuerlasten im Bundesvergleich – an dieser Stelle und darüber hinaus braucht es deutlich mehr Engagement, um Investitionen zu ermöglichen und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.“
Für den Präsidenten der Handwerkskammer Hamburg, Hjalmar Stemmann, hat der Koalitionsvertrag „ein bisschen Licht, aber auch viel Schatten“.
„Was bereits auf den ersten Blick deutlich wird: Große neue Entwürfe und innovative Wege für mehr Wettbewerbsfähigkeit, gerade mit Blick auf den handwerklichen Mittelstand, stehen nicht im Zentrum der Vereinbarungen. Hier finden wir eher Bekanntes – und da, wo Dinge sich bewährt haben, ist das ja auch erstmal gut.“
Kritik erfolgt bei der Frage des Wirtschaftsverkehrs und hier insbesondere die Parksorgen von Gewerbetreibenden. Diese, so Stemmann, spiele im Text eine untergeordnete Rolle. Der angekündigte „Masterplan Parken“ ist begrüßenswert – aber entscheidend sind natürlich am Ende konkrete politische Weichenstellungen: „Wir verlassen uns zum Beispiel darauf, dass sich der Senat wie zuvor angekündigt in Berlin massiv für eine bundesgesetzliche Erweiterung des Bewohnerparkens auf das Gewerbe einsetzt.“
Stemmann begrüßt das klare Ja des Vertrags zu einer frühen und effektiven Berufsorientierung in allen weiterführenden Schulen, also auch in den Gymnasien: "Auch dass die Politik nun bis 2030 500 Azubi-Wohnplätze mehr plant als im letzten Koalitionsvertrag, freut uns. Wichtig ist hier, mehr und schneller als in der zurückliegenden Legislaturperiode ins Verwirklichen zu kommen.
Beim Thema Innovation findet das Handwerk nicht statt – dieses Defizit ist im Rathaus zwar nichts Neues, wird aber mit der Zeit nicht besser. Was fehlt, ist eine funktionierende Förderlandschaft für kleinteilige betriebliche Innovationen, ein Transformations-Booster."
JM/NW